Demnächst soll das Whitepaper für Facebooks Kryptowährung "Libra" veröffentlicht werden. Ein offizielles Logo gibt es noch nicht.

Foto: STANDARD/Pichler

Der große Bitcoin-Boom ist bereits länger vorbei, doch schon demnächst könnte eine neue Kryptowährung für einige Aufmerksamkeit sorgen. Seit Monaten wird berichtet, dass Facebook eine eigene Digitalwährung vorstellen soll. Laut einem Bericht von Techcrunch soll es schon morgen Dienstag (18. Juni) soweit sein, wobei kurzfristige Verschiebungen nicht ausgeschlossen werden.

Diese Neuigkeit kommt nachdem auch The Information berichtet hat, dass die Präsentation in diesem Monat erfolgen soll. Allen Anschein nach wird Facebook die Währung "Libra" nennen. Der zuvor kursierende Name "Global Coin" dürfte nicht stimmen. Das könnte auch damit zu tun haben, dass es bereits seit 2012 eine andere Kryptowährung gibt, die sich so nennt. Dazu kommt, dass Facebook in der Schweiz eine Firma namens "Libra Networks" registriert hat, die Finanzdienstleistungen erbringen soll.

Facebook im Gespräch mit Händlern und Regierungen

Offenbar ist geplant, dass zuerst das Whitepaper enthüllt wird, in dem erklärt wird, wie Libra aufgebaut ist. Es handelt sich um einen sogenannten "Stablecoin", der konzeptuell so gestrickt ist, dass er von großen Preisfluktuationen verschont und somit auch für Spekulation wenig attraktiv sein soll. Facebook soll mit mehreren Finanzinstituten zusammenarbeiten und einen "Korb" mit einem Kapitalwert von einer Milliarde Dollar gebildet haben, an den er angebunden ist. Darin enthalten sein sollen verschiedene Landeswährungen und Investments mit geringem Ausfallsrisiko.

Weiters soll Facebook mit Offiziellen mehrerer Länder im Gespräch sein, um sich vor dem eigentlichen Start der Währung abzusichern. Weiters soll man auch mit diversen Händlern kooperieren, die künftig Libra annehmen sollen. Und offenbar plant Facebook auch, Automaten aufzustellen, bei denen man – wie bei Bitcoin-Automaten – Fiat-Geld in Digitalwährung tauschen kann.

Nutzer von Diensten unter dem Dach von Facebook – neben dem sozialen Netzwerk also etwa dem Messenger und Whatsapp – sollen untereinander gebührenfrei Libra verschicken und empfangen können. Genutzt werden könnte sie etwa für Mikrotransaktionen, die Bezahlung von Premium-Nachrichtenartikeln oder zur Unterstützung von Streamern und anderen "Content Creators". Hier würde Facebook dann wohl mitschneiden.

Aufsicht über eigene Stiftung

Geleitet wird die Entwicklung von David Marcus. Er ist Vizepräsident des Konzerns und war zuvor Chef des populären Zahlungsdienstleisters Paypal. Geplant ist offenbar die Einrichtung einer unabhängigen Stiftung, die als Aufsicht für Libra fungieren soll. Gegen eine Gebühr von zehn Millionen Dollar soll es etwa Firmen möglich sein, Rechenknoten einzurichten, die für die Validierung von Transaktionen mit der Kryptowährung gebraucht werden.

Im Gegenzug sollen diese eine gewisse Mitsprache über die Zukunft des Coins erhalten und könnten vom Betrieb eines Knoten finanziell profitieren. Je mehr dieser Knoten existieren, desto schneller können Überweisungen abgewickelt werden und desto ausfallsicherer ist das gesamte Netz hinter der Währung insgesamt. Mit dieser Dezentralisierung dürfte Facebook auch (kartellrechtlichen) Bedenken ob seiner eigenen Macht über den Libra entgegenwirken wollen.

Bis der Facebook-Coin tatsächlich in Umlauf kommt, wird aber noch etwas Zeit vergehen. Laut Techcrunch visiert man derzeit einen Start für das Jahr 2020 an. Im Laufe des ersten Quartals soll das Digitalgeld in rund einem Dutzend Länder verfügbar werden.

Großes Potenzial

Ob man Libra als "echte" Kryptowährung ansehen kann, darunter wird in der Community derzeit debattiert. Klar ist, dass er konzeptuell jedenfalls nur wenig mit dem Bitcoin gemein hat, schreibt Forbes. Letzterer ist etwa im Vergleich wesentlich dezentraler angelegt.

Das finanzielle Potenzial für Facebook dürfte laut einer Einschätzung von Barclays jedenfalls enorm sein. Im März rechnete man laut CNBC vor, dass sie schon bis 2021 für zusätzliche Einnahmen in der Höhe von drei bis 19 Milliarden Dollar sorgen könnte. (red, 17.06.2019)