Fußballlegende Michel Platini wegen Korruptionsverdachts befragt.

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Noch Anfang Juni, unmittelbar vor der Bestätigung von Gianni Infantino als Boss des Weltfußballverbandes Fifa, gab Michel Platini zusammen mit Ex-Präsident Joseph Blatter das Muppets-Nörglerduo Waldorf und Statler. Nur weil Infantino bei Auslosungen Kugeln gezogen habe, sei er noch lange nicht legitimiert, den Fußball zu repräsentieren, ätzte Platini in Richtung seines seit Herbst 2015 an der Spitze des Weltfußballs stehenden ehemaligen Protegés.

Dorthin hätte Platinis Selbstverständnis nach niemand anderer als er selbst gehört – die Legende des französischen Fußballs, schlicht "Le Roi" geheißen, der Kapitän der Europameister von 1984, der Meistercup- und Weltpokalsieger mit Juventus Turin (1985), der Organisationschef der formidablen französischen WM 1998, der Lenker der europäischen Fußballunion Uefa, der Vater der Heim-EM 2016 und der Vordenker der in zwölf Städten aufzuführenden EM 2020.

Dass der in Nordlothringen geborene Sohn italienischer Einwanderer jetzt, drei Tage vor seinem 64. Geburtstag, fürs Verhör in den Pariser Räumlichkeiten der Anti-Korruptions-Abteilung der Kriminalpolizei in Gewahrsam genommen wurde, ist ein weiterer Tiefpunkt einer schillernden Karriere und, wer weiß, auch der Keckheit gegenüber Infantino geschuldet. Vom hohen Uefa-Ross war Platini schließlich auch wegen Verstrickungen in mutmaßliche Fifa-Kalamitäten geholt worden. Eine von Fifa-Präsident Joseph Blatter veranlasste Zahlung in Höhe von 1,8 Millionen Euro hatte Platini nicht hinreichend erklären können. Er wurde wie sein Präsidentenkollege zunächst für acht Jahre für alle Funktionen im Fußball gesperrt. Der Internationale Sportgerichtshof CAS reduzierte die Sperre auf vier Jahre. Sie läuft im Oktober aus.

Die erzwungene Frühpension hat aus dem einst als erstaunlich charmant und leutselig beschriebenen Genussmenschen Platini einen verbitterten Grantler gemacht. Das familiäre Anwesen in Cassis am Mittelmeer, das er mit seiner Ehefrau Christèle bewohnt, verließ er fast nur noch für Golfrunden. Selbst Spiele der EM 2016 in Frankreich besuchte der zweifache Vater nicht. Er sehe sich die Sache lieber im Swimmingpool an, ließ Platini verlauten. Sohn Laurent, ein Anwalt, hatte übrigens wenige Wochen nach Vergabe der WM an Katar als Europachef der Qatar Sport Investments (QSI) angeheuert, die unter anderem die Geschäfte von Paris Saint-Germain steuert. (Sigi Lützow, 18.6.2019)