Nach dem Scheitern der Maut könnten auf den deutschen Staat nun finanzielle Ansprüche der Unternehmen zukommen.

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Wien/München – Der Stopp der geplanten deutschen Pkw-Maut durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat erste konkrete Konsequenzen. Deutschlands Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) veranlasste, zwei bereits geschlossene Verträge mit den Betreibern für die vorgesehene Erhebung und die Kontrolle der Nutzungsgebühr zu kündigen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch.

Die Zuschläge für den österreichischen Mautsystemanbieter Kapsch und den Ticketverkäufer CTS Eventim hatte das Ministerium im vergangenen Jahr erteilt. Unter anderem aus der Opposition war kritisiert worden, dass so noch vor einer endgültigen Rechtssicherheit Fakten geschaffen wurden. Nach dem Scheitern der Maut könnten auf den deutschen Staat nun finanzielle Ansprüche der Unternehmen zukommen.

"Wir haben vertragliche Schutzbestimmungen. Es braucht niemand glauben, dass wir da einen Verlust einfahren", sagte Kapsch-Trafficcom-Chef Georg Kapsch am Dienstag. Der Chef der Oeticket-Mutter CTS Eventim, Klaus-Peter Schulenberg, hatte bereits 2018 erklärt, dass die beiden Partner mit dem deutschen Bund eine Vorkehrung für den Fall getroffen hätten für den Fall, dass die Maut vor Gericht scheitere: "Für diesen Fall haben wir uns vertraglich abgesichert", so Schulenberg.

Folgen abklären

Scheuer hat nun direkt nach dem Urteil des EuGH am Dienstag eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um finanzielle und organisatorische Folgen zu klären. Wie es aus Regierungskreisen hieß, wurden auch weitere laufende Verfahren und Ausgaben zur Umsetzung der Maut mit sofortiger Wirkung gestoppt.

Die deutschen Grünen fordern von Scheuer umfassende Informationen zu den Kosten, die durch das Scheitern der geplanten Pkw-Maut entstehen. "Wir erwarten, dass er umgehend offenlegt, wie viel Steuergelder genau verloren sind und wie viele Strafzahlungen der Bundesregierung jetzt drohen", sagte Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter der dpa. "Durch ihr kopfloses Festhalten an der Quatsch-Maut hat die CSU Steuergelder in Millionenhöhe aus dem Fenster geworfen."

Für Gutachten und Beratung gab Scheuers Verkehrsministerium bereits mehr als 40 Millionen Euro aus. Für die privaten Betreiber, die sich um Erhebung und Kontrolle der Maut kümmern sollten, könnte Schadenersatz fällig werden – wie viel, ist unklar. "Das ist unverantwortlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern", kritisierte der grüne Oppositionspolitiker.

Die obersten EU-Richter hatten die deutschen Maut-Pläne für rechtswidrig erklärt, da sie Fahrer aus dem Ausland benachteilige. Hintergrund ist, dass nur Autobesitzer aus dem Inland für Mautzahlungen komplett über eine geringere Kfz-Steuer entlastet werden sollten. Die Maut sollte eigentlich im Oktober 2020 starten. (APA, 19.6.2019)