Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und Bundespräsident Alexander Van der Bellen gewannen an Vertrauen.

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Wien – Die innenpolitischen Turbulenzen haben das Vertrauen der Österreicher in die Politik durcheinandergewirbelt. Übergangskanzlerin Brigitte Bierlein und Bundespräsident Alexander Van der Bellen lösten ÖVP-Chef Sebastian Kurz an der Spitze des APA/OGM-Vertrauensindex ab. Der Ex-Kanzler fiel von 27 Punkten im April auf elf Punkte zurück.

Laut OGM-Chef Wolfgang Bachmayer liegt das daran, dass Kurz nach der freiheitlichen Ibiza-Affäre und der Aufkündigung der türkis-blauen Koalition vor allem bei FPÖ-Wählern in Missgunst geraten ist. In der Gunst ganz oben sind nun Kanzlerin Bierlein, die aus dem Stand einen Vertrauenssaldo von 40 Punkten erreichte, und Bundespräsident Van der Bellen, der auf 39 Punkte kommt. Im April hatte er noch 18 Punkte erreicht, nun vertrauen ihm 67 Prozent der Wahlberechtigten, 28 Prozent – in erster Linie FPÖ-Wähler – vertrauen ihm nicht.

In Kurz vertrauten nun 52 Prozent der Befragten, 41 Prozent tun das nicht. Laut Bachmayer sind vor allem freiheitliche Wähler, die ihm zuletzt klar vertraut hatten, mehrheitlich von Kurz abgerückt.

Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner fiel im Wohlwollen der Österreicher – und zwar von plus acht Punkten im April auf minus neun. Der Vertrauensverlust sei "in erster Linie" mit dem unter den Erwartungen gebliebenen Abschneiden bei der EU-Wahl und der zunehmenden Kritik aus den eigenen Reihen zu erklären, so der OGM-Chef.

Massiver Einbruch für Gudenus und Strache

Wenig verwunderlich ist laut Bachmayer auch, dass Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der ehemalige FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus als Hauptakteure des Ibiza-Videos massiv einbrachen. Strache stürzte von minus 13 Punkten im April auf minus 51 ab. Gudenus sank auf minus 62 Punkte, was einer der negativsten Werte seit der Erhebung des Vertrauensindex ist. Auch beim aktuellen blauen Spitzenduo Norbert Hofer (minus 23 Punkte) und Herbert Kickl (minus 37) blieben die jüngsten Ereignisse nicht ohne Folgen. Beide büßten an Vertrauen ein.

Bei Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Bundessprecher Werner Kogler zeigt die Kurve hingegen nach oben. Meinl-Reisinger konnte ihren Vertrauenssaldo auf acht, Kogler seinen auf sechs Punkte steigern, womit eine Mehrheit der Wähler den beiden Oppositionspolitikern vertraut.

Mit einem positiven Saldo ausgestattet wurde neben Vizekanzler und Justizminister Clemens Jabloner auch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Im negativen Bereich landeten hingegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) und SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda.

Der Vertrauensindex errechnet sich auf Basis einer Umfrage unter 800 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten aus dem Antwortsaldo "habe zu dieser Person Vertrauen/kein Vertrauen". Die aktuelle Erhebung fand zwischen 14. und 18. Juni statt . Die Schwankungsbreite liegt bei plus/minus 3,5 Prozent. (APA, 21.6.2019)