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Auch Anhänger der Polizei demonstrieren in Hongkong.

Foto: Reuters/Wang

Hongkong – Die Polizei in Hongkong hat die Belagerung ihres Hauptquartiers durch Demonstranten als "illegal und unvernünftig" bezeichnet und die Verfolgung der Anführer angekündigt. Die Polizei habe "größte Toleranz" gegenüber den Demonstranten walten lassen, die sich vor dem Hauptquartier versammelt hätten, erklärte die Behörde am Samstag.

Ihre Art der Meinungsäußerung sei jedoch "illegal, unvernünftig und unverschämt" geworden.

"Picknicks"

Am Freitag waren erneut tausende Demonstranten durch die Straßen Hongkongs gezogen und hatten in Sprechchören die Freilassung festgenommener Mitstreiter verlangt. Studentenvertreter und Oppositionsgruppen hatten dazu aufgerufen, sich vor dem Parlament der chinesischen Sonderverwaltungszone und dem Regierungskomplex zu "Picknicks" zu treffen. Die hauptsächlich jungen Demonstranten blockierten zunächst die Hauptverkehrsader Hongkongs, bevor sie zum Polizeihauptquartier weiterzogen.

Dort forderten die Demonstranten die Freilassung von festgenommenen Regierungsgegnern sowie Ermittlungen zur Polizeigewalt während der Proteste. Viele der meist schwarz gekleideten Demonstranten trugen Masken und riefen "Lasst die Unschuldigen frei" und "Schande über Polizeischläger".

Die Demonstranten blockierten die Eingänge des Polizeihauptquartiers, klebten Überwachungskameras ab und schrien Polizisten an. Die Belagerung wurde erst in der Nacht zum Samstag nach 15 Stunden beendet.

"Illegale Aktivitäten"

Während der Belagerung hielt sich die Polizei zurück, die Beamten blieben im Innern des Gebäudes. Am Samstag kündigte die Polizei dann aber in einer Erklärung an, die "illegalen Aktivitäten streng zu verfolgen".

In Hongkong finden seit dem 9. Juni die größten Proteste seit der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China im Jahr 1997 statt. Am vergangenen Sonntag gingen nach Angaben der Organisatoren mehr als zwei Millionen Menschen auf die Straße.

Der Unmut richtete sich zu Beginn vor allem gegen ein Gesetzesvorhaben, das Auslieferungen auch an Festland-China ermöglichen würde. Kritiker fürchten, dass vor chinesischen Gerichten dann auch politischen Gegnern aus Hongkong der Prozess gemacht werden könnte.

Grundrechte

Beobachter sehen in der Protestbewegung inzwischen den Ausdruck eines generellen Grolls gegenüber der Regierung und Peking. Nach dem Prinzip "Ein Land, zwei Systeme" wurden der früheren britischen Kronkolonie eigentlich bis 2047 politische Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit zugesichert, die in China nicht gelten. Angesichts der Entwicklung in den vergangenen Jahren sehen viele Hongkonger diese Freiheiten in Gefahr.

Neue Massenproteste wurden bereits für den 1. Juli angekündigt. Anders als frühere Protestbewegungen in Hongkong sind die derzeitigen Demonstrationen aber nicht zentral organisiert. Kleinere Oppositionsgruppen und Studenten organisieren sich schnell und spontan, unter anderem über den Messengerdienst Telegram.

Ob es auch an diesem Sonntag zu Protestaktionen kommen wird, war daher zunächst unklar. Am Samstag war es in Hongkongs Straßen ruhig, viele Schauplätze der Proteste im Finanzentrum der Stadt waren praktisch menschenleer. (APA, AFP, 22.6.2019)