ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sieht nach dem unfreiwilligem Spenden-Outing seiner Partei, SPÖ und FPÖ am Zug.

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Wien – ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer fordert SPÖ und FPÖ auf, ihre Wahlkampffinanzierung und Spender ebenfalls offenzulegen. Beide Parteien sollten es der ÖVP "gleichtun", findet Nehammer. Die Volkspartei hat am Freitag die Spenden aus dem Jahr 2017 offengelegt, nachdem bekannt geworden war, dass die IGO-Gruppe des Tirolers Klaus Ortner im Wahljahr über 430.000 Euro gespendet hatte – in Tranchen gestückelt, um die sofortige Meldepflicht an den Rechnungshof zu umgehen.

Die ÖVP fühlt sich dennoch in der Lage, in die Offensive zu gehen: "Immer noch gibt es einige unbeantwortete Fragen zu den Angaben der SPÖ bezüglich ihrer Wahlkampfkosten", spielt Nehammer den Ball weiter. "Unabhängige Analysen haben schon vor Monaten gezeigt, dass die von der SPÖ genannten 7,4 Millionen mehr als unglaubwürdig sind." Türkise Schlussfolgerung: Die SPÖ soll vor ihrer eigenen Tür kehren, "statt laufend Nebelgranaten zu werfen". Nehammer fordert SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner auf offenzulegen, welche Wahlkampfausgaben über Vereine in der SPÖ erfolgten.

Ballabgabe an Rot und Blau

Einmal mehr wirft er den SPÖ-Gewerkschaftern (FSG) und dem roten Pensionistenverband im Zusammenhang mit dem Parteiengesetz "Umgehungskonstruktionen" vor. "Beide Organisationen haben jedoch im Jahr 2017 große Veranstaltungen für die SPÖ organisiert", sagt Nehammer.

Von den Freiheitlichen verlangt der ÖVP-Generalsekretär, dass diese "unabhängige Experten in ihre Vereine lassen" – im "besten Fall" Experten des Rechnungshofes. Die FPÖ soll offenlegen, "ob die Ibiza-Vereine 2017 Aktivitäten gesetzt haben, und, wie Strache behauptete, Spenden von 500.000 bis 1,5 Millionen Euro erhalten haben". Bekanntlich habe die FPÖ 2016 einen "sehr teuren Präsidentschaftswahlkampf" zu führen gehabt, ruft Nehammer in Erinnerung.

SPÖ und FPÖ werten die Aufforderung Nehammers als Ablenkungsmanöver. Was die ÖVP präsentiert habe, offenbare, "dass uns die ÖVP nicht die Wahrheit über ihre Parteispenden gesagt hat", sagt etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker ortet "Dreistigkeit".

"Neues Türkis, neue Unverfrorenheit"

Nach "tagelangen schockierenden Enthüllungen über die Finanzgebarung der eigenen Partei noch mit dem Finger auf andere zu zeigen", sei dreist. Die Freiheitlichen hätten sämtliche Spender der vergangenen drei Jahre bereits vor einem Monat offen gelegt. Für Hafenecker gerät ÖVP-Chef Sebastian Kurz "immer mehr unter Druck": "Entweder er war über die Machenschaften der alt-schwarzen Netzwerke in seiner Partei trotz Generalvollmacht uninformiert. Oder aber das 2017 noch neue Türkis stand für eine neue Dimension der Unverfrorenheit in der ÖVP."

Drozda verlangte eine Begrenzung der Spenden auf 10.000 Euro pro Spende sowie eine Grenze von 200.000 Euro pro Wahlkampf und wirksame Sanktionen bei Überschreitung der Wahlkampfkosten. "Ganz offensichtlich" würden die Großspender der ÖVP ein "gewisses ökonomisches Interesse" mit ihren Zuwendungen verbinden. Und diese würden sich dann auch erfüllen, so Drozda, der als Beleg dafür die AUVA-Beiträge und den Zwölf-Stunden-Tag anführte.

Keine "ernsthaften Lösungen"

Die Neos forderten ein Verbot der Stückelung von Parteispenden, den dabei handle es sich um eine "klare Umgehung der Gesetze", sagte Nikolaus Scherak im Ö1-"Morgenjournal". Wenn es zu solchen Stückelung komme, dann versuche man "ganz bewusst offensichtlich die Obergrenze des Rechnungshofs" zu unterschreiten. Die Neos wollen daher in diesem Zusammenhang auch den unabhängigen Parteientransparenzsenat anrufen. Das ist eine Behörde im Bundeskanzleramt, die Verstöße gegen das Parteiengesetz ahnden soll. Bei ÖVP, SPÖ und FPÖ ortete Scherak "keine Bereitschaft" für "ernsthafte Lösungen".

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wiederum zeigte sich im am Samstag in der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" offen für ein Stückelungsverbot ("Können wir gerne reden"). Die Verhandlungen liefen bis zur nächsten Parlamentssitzung. Alle Spenden, die die SPÖ erhalte, werden im Rechenschaftsbericht ausgewiesen. Bei der SPÖ gebe es keine Umgehungen. (APA, red, 22.6.2019)