Demonstranten blockieren eine Bahnstrecke für den Kohletransport. Sie fordern den raschen Kohleausstieg Deutschlands.

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Die Polizei hat das rheinische Kohleabbaugebiet Garzweiler geräumt, nachdem am Samstag tausende Klimaaktivisten das Gelände des deutschen Energiekonzerns RWE besetzt und sich bis Sonntagvormittag festgesetzt hatten. Die Aktivisten der Organisation "Ende Gelände" hielten Bahnstrecken besetzt, brachten Bagger zum Stillstand und sorgten für eine Unterbrechung des Betriebsablaufs. Die Aktivisten von Fridays for Future betonen, dass es sich bei den Zusammenstößen mit der Polizei um Aktionen der Organisation "Ende Gelände" gehandelt habe.

Nach Polizeiangaben wurden bei den Auseinandersetzungen acht Beamte verletzt. Über die Zahl verletzter Aktivisten gab es keine Angaben. Die Organisation, die zum "zivilen Ungehorsam" aufgerufen hatte, warf der Polizei gewaltsames Handeln vor. Demonstranten seien geschlagen worden, die Beamten hätten Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt.

Bis Sonntagmittag hielten sich noch wenige Aktivisten auf dem Gelände auf, die Polizei rechnete mit weiteren Aktionen. "Auszuschließen ist das nicht. Die Einsatzkräfte bleiben in Bereitschaft", sagte eine Polizeisprecherin zur Nachrichtenagentur dpa.

Die Proteste gegen den Kohleabbau und für einen rascheren Ausstieg aus der klimaschädlichen Braunkohle – die von der Regierung eingesetzte Kohlekommission einigte sich vor wenigen Wochen auf einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 – begannen am Samstag überwiegend friedlich. Tausende Klimaaktivisten hatten sich beim Tagebau versammelt, um gegen den Abriss von Dörfern zu protestieren, die dem Kohleabbau weichen sollen.

40.000 Aktivisten in Aachen

An den Demonstrationen nahmen auch Teilnehmer der "Fridays for Future"-Bewegung teil, die bereits am Freitag zur bislang größten Klimademonstration der vergangenen Jahre aufgerufen hatte. Nach Schätzungen nahmen am Freitag in der an das rheinische Revier grenzenden Stadt Aachen 40.000 Klimaaktivisten teil.

Das Bündnis "Ende Gelände" fordert mehr Klimaschutz im Rheinland.
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Erstmals hatte die vormalige Jugend- und Schülerbewegung sämtliche Altersgruppen dazu eingeladen, sich den Klimaprotesten anzuschließen. In Aachen ging die Schülerbewegung zum ersten Mal mit militanteren Linksaktivisten und radikalen Braunkohlegegnern auf die Straße. Fridays for Future solidarisierte sich explizit mit der Protestbewegung Ende Gelände, die vor allem mit Mitteln des zivilen Ungehorsams gegen den Kohleabbau vorgehen will. Zu den Demonstrationen am Freitag reisten auch Aktivisten aus den Nachbarländern an, die Polizei Aachen erhielt Unterstützung von Einsatzkräften der Bundespolizei und von Beamten aus anderen Bundesländern.

Obwohl Fridays for Future stets betont hatte, parteipolitisch unabhängig zu agieren, waren in Aachen mehrere Fahnen politischer Parteien und Bewegungen aus dem linken bis linksradikalen Spektrum zu sehen. Mehrere Tausend Teilnehmer der Aachener Kundgebung versammelten sich am Samstag dann im Kohlerevier Garzweiler, um den Protest gegen den Kohleabbau fortzusetzen.

Das Thema Klima genießt in der deutschen Bevölkerung längst hohe Priorität, der Höhenflug der Grünen – die Ökopartei kommt in jüngsten Umfragen auf einen Wert von 25 Prozent Zustimmung – treibt auch die anderen politischen Parteien dazu, sich vehementer der Klimafrage zu stellen. Das Klimakabinett der Bundesregierung will im Herbst Grundsatzentscheidungen über Maßnahmen für einen griffigeren Klimaschutz treffen. Auch die bayerische CSU hat erkannt, dass mit dem Thema Klima Wählerstimmen generiert werden können.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder plädiert dafür, den Kohleausstieg rascher voranzutreiben. "Sind wir ehrlich: Die deutschen Klimaziele sind bis 2030 nur zu erreichen, wenn wir den Kohleausstieg massiv beschleunigen", sagte Söder in einem Interview und plädierte dafür, aus der Kohleenergie bereits bis 2030 vollständig auszusteigen. (Christoph Reichmuth aus Berlin, 24.6.2019)