Bei Innsbruck wurden Urlauber, die Behinderungen auf der Autobahn über Ausweichrouten umfahren wollten, von der Polizei zurück geschickt.

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Innsbruck – Seit Samstag gelten in Tirol erstmals temporäre Fahrverbote für den Durchreiseverkehr auf einzelnen Landesstraßen im Raum Innsbruck und im Wipptal. Die Tiroler Landesregierung hat mit dieser "Notmaßnahme" auf die zunehmende Verkehrsbelastung entlang der Nord-Süd-Transitroute reagiert. Denn sobald auf der Brenner- und der Inntalautobahn Stau herrscht, weicht der Durchreiseverkehr auf Landes- und Bundesstraßen aus.

Das führt vor allem zur Hauptreisezeit zum völligen Stillstand in den Regionen entlang der Urlauberstrecken. Um diesem Ausweichverkehr Herr zu werden, hat die Landesregierung temporäre Fahrverbote, die bis zum 14. September jeweils tagsüber an den Wochenenden sowie dem Feiertag am 15. August gelten, erlassen. Ausgenommen davon ist nur der Ziel-, Quell und Anrainerverkehr. An diesem Wochenende waren die Fahrverbote noch auf die Gegend um Innsbruck sowie das Wipptal bei Nösslach beschränkt. Doch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kündigte bereits an, dass man kommende Woche weitere Maßnahmen für die Bezirke Kufstein und Reutte präsentieren werde.

Söder erachtet Fahrverbote als "diskriminierend"

In Deutschland, von wo der Großteil des vom Fahrverbot betroffenen Verkehrs kommt, ist man ob der Tiroler Notmaßnahme wenig begeistert. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte die Bundesregierung in Berlin bereits auf, Klage gegen Österreich bei der EU einzureichen. In einem Interview mit dem "Münchner Merkur" bezeichnete Söder das Vorgehen Tirols als "diskriminierend und europarechtswidrig", da es die Reisefreiheit in in der Union massiv erschwere.

Platter zeigte sich von der Klagsdrohung der nördlichen Nachbarn unbeeindruckt. Die Fahrverbote seien notwendig, um die Verkehrs- und Versorgungssicherheit für die Bevölkerung in den betroffenen Regionen zu gewährleisten. Tirols Landeshauptmann betonte, dass "europarechtlich geklärt" sei, dass man im Notfall zu solchen Maßnahmen greifen dürfe. Zwischen Tirol und Bayern herrscht in Sachen Verkehr schon länger Krisenstimmung. Zuletzt war es die LKW-Blockabfertigung in Tirol, die in Bayern für Ärger sorgte.

ADAC spricht von "Unding", hat aber Verständnis

Neben der Politik äußerte sich auch der deutsche Autofahrerclub ADAC zu den temporären Fahrverboten. Sie seien ein "Unding ausgerechnet zur Urlaubszeit". Zugleich zeigte man aber Verständnis für die hohe Belastung der Tiroler Bevölkerung durch den Reiseverkehr. Der ADAC wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass man von Ausweichrouten abseits der Autobahn grundsätzlich abrate, auch wenn Navigationsgeräte diese als Alternativen vorschlagen. Denn das führe nur dazu, dass diese Strecken ebenso schnell verstopft seien.

Um den unliebsamen Ausweichverkehr, den Navigationsgeräte im Fall von Staus auf die Nebenstraßen lotsen, abzustellen, hat die Exekutive die Fahrverbote in das Verkehrsinformationssystem des Innenministeriums eingespielt. Dadurch steht es allen Navi-Betreibern zur Verfügung. Man sei zuversichtlich, dass die Strecken dann so berechnet werden, dass es zu keinem Ausweichverkehr mehr komme, erklärte ein Sprecher der Polizei.

Am ersten Wochenende der geltenden Fahrverbote verlief indes alles ruhig. Allerdings war das Verkehrsaufkommen geringer als erwartet. Bis Sonntagnachmittag sei es wegen der neuen Regelung zu keinen nennenswerten Zwischenfällen oder Problemen gekommen gekommen, berichtete die Polizei, die das Verbot an den neuralgischen Punkten entlang der Autobahnabfahrten überwachte. Die meisten Urlauber hätten Verständnis für die Maßnahme gezeigt. Nur ab und an seien Erklärungen nötig gewesen. (Steffen Arora, 23.6.2019)