Spenden sind im Wahlkampf gern gesehen. Die volle Transparenz darüber schon weniger.

klausner

Die bis letzte Woche unbekannten Großspenden des Tiroler Unternehmers Klaus Ortner für die ÖVP haben wieder einmal eine Debatte über die mangelhaften Transparenzbestimmungen in Österreich ausgelöst. Experten weisen seit Jahren auf die Schwächen des Parteienfinanzierungsgesetzes hin. DER STANDARD zeigt die größten Lücken auf.

  • Keine oder niedrige Strafen

Das Absurdeste zuerst: Parteien, die gar keinen Rechenschaftsbericht an den Rechnungshof schicken, haben keine Strafe zu befürchten. Ebenso keine Sanktion ist vorgesehen, wenn es keinen Vermerk eines Wirtschaftsprüfers gibt, ob die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro eingehalten oder überschritten wurde.

Niedrige Strafen sind bei anderen Verfehlungen vorgesehen. So hat die ÖVP die Wahlkampfkostenobergrenze 2017 um sechs Millionen Euro überschritten. Die maximale Strafe dafür liegt bei etwa einer Million, wie der auf Parteifinanzen spezialisierte Politologe Hubert Sickinger sagt. In der Praxis wurden die Strafrahmen aber bisher nur zur Hälfte ausgeschöpft. Ein Vergleich dazu: Wegen des guten Wahlergebnisses 2017 bekommt die ÖVP seither um 2,5 Millionen Euro mehr an Parteienförderung – jährlich. Hier gibt es also einen klaren Fehlanreiz.

  • Spendenstückelung

Grundsätzlich müssen größere Spenden (seit heuer ab 51.000 Euro) sofort beim Rechnungshof gemeldet werden. Was aber gerade in der Causa ÖVP für Aufregung sorgt: Stückelt man seine Spenden in mehrere kleinere Tranchen, kann die sofortige Meldepflicht umgangen werden.

In diesem Fall scheinen die Großspenden erst im Rechenschaftsbericht auf, der aber mit massiver Verzögerung veröffentlicht wird. Die Berichte für das Jahr 2017 werden gerade geprüft und sind noch nicht online einsehbar.

Auch eine laufende Deklaration der Ausgaben in einem Wahlkampf ist im Gesetz nicht vorgesehen. So wurde die massive Wahlkampfkostenüberschreitung der ÖVP (und auch der FPÖ) erst ein Jahr nach der Wahl publik.

  • Teilorganisationen

In die Rechenschaftsberichte müssen zwar alle Teilorganisationen aufgenommen werden, das kann aber leicht umgangen werden. So haben die Sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) und der SPÖ-Pensionistenverband extra ihre Statuten geändert, um formal nicht mehr als SPÖ-Teilorganisation zu gelten. Der Unabhängige Transparenz-Senat (UPTS) im Kanzleramt, der für das Verhängen von Sanktionen zuständig wäre, gibt sich damit zufrieden. Er legt das Gesetz sehr formalistisch aus.

Nur wenn sich eine nahestehende Organisation also selbst als solche deklariert, muss sie in den Rechenschaftsbericht aufgenommen werden. Eigene Recherchen, ob eine Organisation de facto nicht einer Partei zuzuordnen wäre, stellt der UPTS nicht an. Im Falle der FSG gibt es laut Sickinger noch einen weiteren Vorteil: Die Arbeiterkammer dürfte einer Vorfeldorganisation einer Partei keine (Sach-)Spenden gewähren, der FSG, die formal nicht Teil der SPÖ ist, darf sie das sehr wohl.

  • Personenkomitees

Nicht nur Vorfeldorganisationen, sondern auch Personenkomitees, die einen Kandidaten unterstützen, können derzeit leicht durchrutschen. Ein Beispiel dazu: 2015 prüfte der Transparenz-Senat den Verein "Anliegen für Österreich", der im Wahlkampf 2013 offen angab, "eine breite Unterstützung für Dr. Michael Spindelegger", den damaligen ÖVP-Spitzenkandidaten, erreichen zu wollen. Auch ein Buch wurde aufgelegt. Die ÖVP argumentierte allerdings, es handle sich um keine der ÖVP nahestehende Organisation, der UPTS akzeptierte das und sah somit keine sanktionierbare Umgehung des Parteiengesetzes.

  • Fehlende Kontrolle

Nicht nur dem Unabhängigen Transparenz-Senat fehlt die Möglichkeit, direkt Einblick in die Parteibücher nehmen zu können. Auch der Rechnungshof überprüft derzeit nur, ob die formalen Erfordernisse des Rechenschaftsberichtes erfüllt werden. Wenn er Ungereimtheiten vermutet, kann er aber nicht in die Buchhaltung einer Partei oder einer Vorfeldorganisation Einsicht nehmen.

Ein konkretes Beispiel dazu: 2015 wurde die FPÖ angezeigt, weil es Hinweise gab, dass der blaue Parlamentsklub Inserate, Plakate und Aussendungen für die Partei bezahlt hat (was der Klub nicht darf).

Da sich im Rechenschaftsbericht der FPÖ keine Hinweise darauf fanden (dort konnten sie auch nicht stehen, weil die Rechnungen vom Klub bezahlt wurden), wurde das Verfahren vom Transparenz-Senat eingestellt. "Bei Sachspenden, die die Partei nicht verbucht, läuft das derzeitige System ins Leere", resümiert Politikwissenschafter Sickinger. (Günther Oswald, 25.6.2019)