Auf deutschen Autobahnen wird auch nach 2020 keine Maut fällig. Kosten entstehen nach dem Debakel dennoch.

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Dass die geplatzten Mautpläne der deutschen Bundesregierung teuer werden, ist allen klar. Kanzlerin Angela Merkel, die nie eine Freundin des Projekts war, die CSU aber gewähren ließ, hat bereits eingeräumt, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs der Bundesrepublik zwischen 350 und 500 Millionen Euro jährlich fehlen werden.

Diese hatte man ab Herbst 2020 fix für die Infrastruktur eingeplant, denn da sollte die Maut ja kommen. Und das ist noch nicht alles, es werden auch noch Kosten durch Schadenersatzforderungen auf Deutschland zukommen.

Verträge gekündigt

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Verträge mit den Betreiberfirmen des Vignettensystems – die österreichische Kapsch Trafficcom und die Oeticket-Mutter CTS Eventim – sofort gekündigt. Sie können für ihre Vorleistungen Schadenersatzforderungen stellen und haben laut dem Spiegel schon mal 300 Millionen Euro berechnet – eine Zahl, die Scheuer "völlig an den Haaren herbeigezogen" nennt.

Er wird am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen und erklärten müssen, welche Kosten die Maut, die niemals kommen wird, weil sie ausländische Pkw-Fahrer benachteiligen würde, nach sich zieht.

Drohung mit Ausschuss

Die Opposition macht vorab schon Druck und droht mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss, sollte Scheuer die Verträge mit den Mautbetreibern nicht offenlegen.

"Die Reputation von Verkehrsminister Scheuer hängt am seidenen Faden", sagte FDP-Verkehrspolitiker Christian Jung dem Spiegel und setzte ein Ultimatum. Scheuer müsse bis Dienstagabend alle Dokumente rund um die Verträge mit den Mautbetreibern und die Abkommen selbst den Ausschussmitgliedern zur Verfügung stellen. Jung: "Andernfalls werden wir die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses prüfen."

Steuergeld in den Sand gesetzt

Unterstützung kommt von den Grünen. "Als Opposition müssen wir prüfen, ob Verkehrsminister Scheuer grob fahrlässig gehandelt und damit Millionen Euro an Steuergeldern in den Sand gesetzt hat", erklärt Verkehrsexperte Oliver Krischer. Trage Scheuer nicht zur Aufklärung bei, wollen auch die Grünen einen Untersuchungsausschuss inklusive Sonderermittler.

Die Opposition kritisiert, dass Scheuer die Verträge im Jahr 2018 abgeschlossen hatte, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Klage beim EuGH noch anhängig war. Fraglich ist, ob der deutsche Verkehrsminister tatsächlich die Verträge in der von der Opposition gewünschten Form offenlegen wird oder Teile schwärzen lässt. Er weist darauf hin, dass die Papiere auch "Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse" enthielten und sagt: "Der Bund darf jetzt nicht vertragsbrüchig werden."

So ganz verabschiedet hat sich die CSU nach der Blamage aber noch nicht von allen Mautplänen. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder fordert jetzt eine europaweite Maut in Verbindung mit Klimazielen: "Am Ende brauchen wir eine europaweite Lösung. Kleinstaaterei ist der völlig falsche Ansatz." (Birgit Baumann aus Berlin, 25.6.2019)