Ein Verein im Umfeld der Industrie bezahlte Mitarbeiter der schwarzen EU-Abgeordneten mit, etwa von Othmar Karas (dritter von links) und Lukas Mandl (ganz links). Nun prüft die Justiz.

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Es gäbe "Vereine, mit denen man Parteispenden am Rechnungshof vorbeischleusen" kann: Damit prahlte der einstige FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache 2017 in Ibiza. Er wurde heimlich aufgenommen, das Video Ende Mai 2019 veröffentlicht. In der Folge plant die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) offenbar eine großangelegte Untersuchung der illegalen Parteienfinanzierung in Österreich. Mindestens dreizehn Vereine werden derzeit geprüft, wie Addendum am Mittwoch berichtet hat. Nicht nur das Umfeld der FPÖ wird untersucht, sondern auch zwei Vereine, die als SPÖ-nah gelten, sowie fünf Pendants bei der ÖVP.

Zu letzterer Kategorie wird das Institut für Bildung und Innovation (IBI) gezählt, das bereits in der Vergangenheit für Aufsehen gesorgt hat. In dessen Vorstand sitzen Industrielle sowie hochrangige Manager, etwa von der Ersten Bank. Der Verein, der von einem Bereichsleiter der Industriellenvereinigung geführt wird und dort auch seinen Sitz hat, stellte in der Vergangenheit Mitarbeiter für EU-Abgeordnete der ÖVP und Ministerkabinette bereit. Das geht aus parlamentarischen Anfragebeantwortungen und EU-Dokumenten hervor. Diese Praxis setzte sich im Bildungsministerium zumindest bis Februar 2019 fort. Zuvor waren "Leihen" auch im Innen- und im Außenministerium tätig, allesamt damals ÖVP-geführt.

ÖVP, IBI und retour

Ein Beispiel dafür ist Markus Figl, derzeit Bezirksvorsteher im ersten Wiener Gemeindebezirk. Er gibt auf seiner Webseite an, 1999 parlamentarischer Mitarbeiter der ÖVP geworden zu sein. "2008 begann ich im Kabinett des Außenministers, welches im Frühjahr 2011 auch zum Kabinett des Vizekanzlers wurde", schreibt Figl weiter. Eine klassische Karriere innerhalb der ÖVP also.

Doch aus einer Anfragebeantwortung geht hervor, dass Figl zumindest 2013 im Büro des damaligen Außenministers Michael Spindelegger (ÖVP) über eine "Arbeitsleihe" des Instituts beschäftigt war. Auf eine Anfrage des STANDARD an Figl reagierte nur seine Mediensprecherin, die angegeben hat, man müsse Anfragen vorher mit ihr klären. "Warum wollen Sie zu diesem Thema eine Auskunft?", schrieb sie, dann folgte keine Antwort mehr.

Vorzugsstimmen-Verein

Diese enge Verzahnung zwischen der Industriellenvereinigung (IV), also der Interessenvertretung der Industrie, und der ÖVP rückt nun in den Fokus der WKStA. Das Institut betont, dass es "keinen Austausch" zwischen ihm und der IV gebe. Es habe zwei bis drei junge Menschen an die ÖVP-Delegation im EU-Parlament übermittelt, wobei dieses Angebot an "alle im EU-Parlament vertretene Parteien ging", sowie "auf Anfrage" dem Forschungsministerium Mitarbeiter empfohlen.

Aus der ÖVP-Fraktion im EU-Parlament heißt es, dass "mehrere Abgeordnete an diesen seit Jahrzehnten bewährten Ausbildungsprogrammen" teilnehmen. Die Kosten werden "von Abgeordneten und dem Ausbildungspartner gemeinsam bezahlt", wobei die Bezahlung "angemessen" sei. Die Vorgehensweise sei "vom EU-Parlament genehmigt".

Genutzt hat das neben Delegationsleiter Othmar Karas auch der EU-Abgeordnete Lukas Mandl. Ein Verein, der Vorzugsstimmen für Mandl sammeln wollte, wird ebenfalls von der WKStA überprüft. Mandl hatte zuvor erklärt, das Geld für diesen Verein stamme von der Auflösung der Bezirkspartei und sei gemeldet worden. Laut einem Bericht der ÖVP über Spenden im Jahr 2017 überwies der Verein 33.405 Euro. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

"Modern Society" und Verfassungsschützer

Die ÖVP weist in diesem Bericht auch auf einen zweiten Verein hin, die "Modern Society". Sie soll 22.939 Euro gespendet haben. Präsident und Vizepräsident des Vereins arbeiten zurzeit im Finanzministerium, das seit 2003 von der ÖVP geführt wird. Bis 2017 war Gernot Blümel Präsident von Modern Society. Blümel ist Chef der ÖVP Wien und war Kanzleramtsminister.

Sein Name taucht auch beim Verein "Pro Patria" auf, dessen Vorstand sonst von Verfassungsschützern beschickt wurde. (Fabian Schmid, 11.7.2019)