Die Verbindungen der Novomatic zur Politik sorgen immer wieder für Irritationen.

Foto: APA/Hans Punz

Es war ein Kampf auf Biegen und Brechen. 2014 wurden neue Glücksspiellizenzen in Wien und Niederösterreich vergeben. Da die anderen zwölf Spielbanklizenzen ausschließlich bei der teilstaatlichen Casinos Austria AG lagen und liegen, wurde mit Spannung erwartet, ob der Finanzminister ein wenig Wettbewerb zulassen würde. Der hieß damals Michael Spindelegger und fungierte auch als ÖVP-Chef.

Es kam, wie es kommen musste – vorerst: Ein im Finanzministerium eingerichteter Beirat empfahl, auch bei den drei neuen Lizenzen die Casinos Austria AG (Casag) zum Zug kommen zu lassen. Besonders überraschend kam das nicht, immerhin ist die Republik – damals noch über die Münze Österreich – zu einem Drittel an der Casag beteiligt.

Doch das Unternehmen hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Sprich: die Lobby-Maschinerie der Novomatic unterschätzt. Erwin Pröll, damals niederösterreichischer Landeshauptmann, mächtigster Mann in der ÖVP und politischer Ziehvater Spindeleggers, hatte etwas dagegen.

Erwin Pröll machte sich für Novo stark

Dazu muss man wissen: Die Novomatic, größter Glücksspielkonzern Europas, hat ihren Sitz im niederösterreichischen Gumpoldskirchen. Dort arbeiten 1200 der 23.000 Beschäftigten des Konzerns. Pröll wandte sich schriftlich an den Finanzminister und deponierte, dass dem geplanten Novomatic-Standort in Bruck an der Leitha der Vorzug vor dem Casag-Kasino in Krems zu geben sei.

Nicht viel anders verlief das Procedere in Wien, wo sich Bürgermeister Michael Häupl ebenfalls für Novomatic starkmachte. Also entschied Spindelegger: Die Casag – wie gesagt vom Beirat für alle drei Spielbanken erstgereiht – erhielt gar keine Lizenz. Novomatic immerhin zwei – jene in Bruck und eine im Wiener Prater. Die Vergabe wurde Jahre später höchstgerichtlich gekippt.

Ibiza-Spiele

Die Anekdote illustriert dennoch, wie groß der Einfluss des vom gelernten Fleischer Johann Graf aufgebauten Konzerns ist. Österreich ist zwar nur ein kleiner Markt für die weltweit agierende Gruppe, doch Kleinvieh macht auch Mist. Als in Österreich die Länder Konzessionen für Automatenhallen ausschrieben, machte Novomatic fast flächendeckend das Spiel.

Johann Graf hat ein Milliardenimperium aufgebaut.
Foto: APA/RICARDO HERRGOTT / VERLAGSGRUPPE NEWS

Durch Ibiza-Gate erscheint die Macht der Gruppe in einem neuen Licht. "Novomatic zahlt alle", sagte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor versteckter Kamera. Der Konzern weist Vorwürfe der Parteienfinanzierung strikt zurück. Was erst seit Dienstag bekannt ist: Laut "Süddeutscher Zeitung" sagte Strache überdies in der Finca, dass er das Casag-Monopol aufbrechen wolle.

Dazu passen die neuen Vorwürfe, wonach die Freiheitlichen die Zustimmung von Novomatic zur Installierung ihres Wiener Bezirksrats Peter Sidlo als Casag-Finanzchef erhielten, nachdem den Gumpoldskirchnern Wohlwollen bei der Vergabe neuer Spiellizenzen in Aussicht gestellt worden sei. Novomatic spricht von "absurden Vorwürfen".

Liberalisierungsversuch unter Grasser

Dass das Graf-Imperium mit 2,6 Milliarden Euro Umsatz auf das Casag-Geschäft spitzt, hat sich schon öfter gezeigt. Legendär ist etwa der Versuch im Jahr 2005, das Monopol auf Online-Spiele zu kippen, bei dem Walter Meischberger seine Kontakte spielen ließ. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion landete unter der Ägide von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser plötzlich ein Entwurf im Parlament, der sofort beschlossen werden sollte. Das Vorhaben platzte, die Justiz ermittelte – und stellte das Verfahren 2017 ein.

Novomatic pflegt nicht nur den Kontakt zu Politikern, manche werden auch engagiert. Alfred Gusenbauer etwa wurde mit Berateraufträgen versehen, in einer deutschen Tochter saß er auch im Aufsichtsrat. Vor einigen Jahren wurde der frühere Bundeskanzler auch als Aufsichtsratspräsident des Novomatic-Konzerns gehandelt, dazu kam es dann aber doch nicht. Unter den Genossen hat sich auch Ex-Innenminister Karl Schlögl als Aufsichtsrat zur Verfügung gestellt.

Eva Glawischnig sorgte mit ihrem Wechsel zu Novomatic für viel Kritik.
Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Nicht nur der SPÖ-Mann diente dem Automatenhersteller, auch der ÖVP-Politiker Johannes Hahn. Der frühere Wiener Landesgeschäftsführer der Partei wechselte 2003 zur Novomatic, um dann 2007 als Wissenschaftsminister in die Regierung einzuziehen.

Im Vorjahr sorgte dann Eva Glawischnig für Schlagzeilen, als sie beim Glücksspielkonzern anheuerte. Die Grünen, deren Bundessprecherin sie bis 2017 war, hatten kein Verständnis für das Engagement. Immerhin hatte die Partei immer wieder Novomatic wegen diverser Affären ins Visier genommen, Glawischnig dem Konzern Gesetzeskauf unterstellt. Die neue Nachhaltigkeitsmanagerin bei Novomatic trat nach heftiger Kritik aus der Partei aus.

Auch wenn die neuen Vorwürfe in Richtung Bestechung und Postenschacher alles andere als bewiesen sind: Novomatics Image – einst bezeichnete "Profil" das Unternehmen als Österreichs umstrittensten Konzern – wird sich durch die Affäre nicht gerade verbessern (Andreas Schnauder, 16.8.2019)