Peter Pilz attestiert dem Justizminister, mit einer Weisung "Quatsch" zu verbreiten.

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Eine Pressekonferenz von Peter Pilz ist in Österreich fixer Bestandteil mutmaßlicher politischer Skandale. Daher verwunderte es nicht, dass Pilz am Donnerstag zum Gespräch über "Heidi Horten und Ibiza" lud. Anlass waren aber weniger die durch STANDARD-Recherchen bekanntgewordenen Großspenden an die ÖVP, sondern die Befürchtungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwälte (WKStA), dass ihr Gegenüber im Bundeskriminalamt befangen sei. Dort werkt nämlich die Soko Ibiza, die für die WKStA ermittelt. Ein anonymes Schreiben warnte die Staatsanwälte, dass angeblich hochrangige Soko-Mitglieder Nähe zur ÖVP hätten, was im Innenministerium keine Seltenheit wäre. Deshalb wandte sich die WKStA an Vorgesetzte und verlangte, beispielsweise die Auswertung des beschlagnahmten Handys von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache selbst vornehmen zu dürfen.

Gemeinschaftliche Auswertung

Am Montag wurde die Causa dann entschieden, das Handy soll quasi nach dem Vieraugenprinzip ausgelesen werden. Pilz thematisierte nun eine Weisung, die Justizminister Clemens Jabloner am Dienstag schriftlich erteilt haben soll. Er habe der WKStA via Oberstaatsanwaltschaft eine Rechtsansicht "überbunden": nämlich dass "der Umstand der Mitgliedschaft in einer Partei keinen Anschein der Befangenheit begründet". Für Pilz ist das völliger "Quatsch", den Jabloner – laut Pilz eigentlich ein "sehr guter Jurist" – hier übermittelt hat.

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Er verweist darauf, dass "sogar der Anschein der Befangenheit zu vermeiden" sei. "Die Soko sieht am türkisen Auge nicht gut", so Pilz. Auch der Innenminister "tut nix", allerdings "wird er auch nicht vom Justizminister dazu aufgefordert". Dort nimmt man die Pilz'schen Vorwürfe gelassen. Das Problem seien ÖVP-Beamte, die als Kriminalpolizisten in der Soko Ibiza gegen FPÖ und ÖVP ermitteln. Und "ein ÖVP-Polizist ist mit Sicherheit befangen, wenn er gegen eigene Leute ermitteln soll", so Pilz.

Sondersitzung gewünscht

Pilz forderte jedenfalls, in den nächsten 14 Tagen eine Sondersitzung des Nationalrats einzuberufen. Dabei zählt er auf die Hilfe von Neos und SPÖ. "Wir können die Ibiza-Politiker nicht einfach frei von jeder Verantwortung im Wahlkampf herumlaufen lassen", sagte Pilz. In dieser Sondersitzung will er die ganze Palette der Ibiza-Nachwehen und anderer Skandale thematisieren; etwa das Schreddern von Festplatten des Bundeskanzleramts durch einen ÖVP-Mitarbeiter und Tarnvereine, über die illegale Parteispenden gelaufen sein könnten. Und eben auch die "Ibiza-Weisung von Jabloner".

Die Neos zeigten sich durchaus offen dafür. "Bekommen wir nicht bald klare Antworten auf unsere Fragen, wird an einer Sondersitzung kein Weg vorbeiführen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist dieser Versuch einer weiteren Pilz'schen Showeinlage kurz vor der Wahl aber entbehrlich", sagte die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper. Wichtig seien "objektive Ermittlungen in alle Richtungen" und eine "volle Aufklärung" über die Zusammensetzung der Soko Ibiza.

FPÖ ebenfalls besorgt

Auch die FPÖ forderte am Donnerstag eine Neubesetzung der Soko. Man befürchte eine politische Nähe der meisten Mitglieder zur ÖVP, sagten der stellvertretende Klubchef Herbert Kickl und der Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein bei einer Pressekonferenz. Sie sorgen sich, dass etwa sichergestellte Handydaten Straches an die ÖVP-Parteizentrale wandern könnten. Das Gerät eines ehemaligen Vizekanzlers müsste eigentlich als Staatsgeheimnis behandelt und versiegelt werden, forderte Jenewein. An einer Sondersitzung sei die FPÖ "prinzipiell interessiert", wenn "die Sachlichkeit gewährleistet wird." Pilz solle die FPÖ kontaktieren.

Trage Innenminister Wolfgang Peschorn nur einen "Funken von Überparteilichkeit", so Jenewein, müsse er die derzeit bestehende Kommission auflösen und durch unabhängige Experten ersetzen. Peschorns Überparteilichkeit stellte auch Kickl infrage. So sei der Innenminister regelmäßiger Gast in der ÖVP-Bundesparteizentrale und werde sich wohl "seine Anweisungen holen", um den "Linksschwenk" der Partei voranzutreiben. Dementsprechend hart fiel auch Kickls Kritik an seinem Nachfolger aus. Peschorn sei eine "lame duck", also eine lahme Ente, seit dessen Amtsantritt leide die Sicherheitspolitik in Österreich massiv.

Nehammer kritisiert Kickl

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sprach am Donnerstag von Verschwörungstheorien und kritisierte vor allem den geschäftsführenden FPÖ-Klubchef. "Herbert Kickl sollte aufhören, um sich zu schlagen und zu einem sachlichen Stil zurückkehren", findet Nehammer. Ansonsten müsse Parteiobmann Norbert Hofer ein Machtwort sprechen. "Dass Kickl als ehemaliger Chef und Innenminister anständige Polizisten, die ordentlich und korrekt ihre Arbeit machen, aus parteitaktischen Gründen anpatzt und schlecht macht, zeigt einmal mehr das mangelnde Problembewusstsein und die fehlende Sensibilität Herbert Kickls im Umgang mit dem FPÖ-Ibiza-Skandal."

Justizminister Clemens Jabloner und Innenminister Wolfgang Peschorn winkten in einer gemeinsamen Aussendung ab: "Es besteht kein Anlass sich von diesem rechtsstaatlichen Vorgehen durch Zurufe abbringen zu lassen", erklärten sie, die strafrechtlichen Ermittlungen würden auf Grundlage der Gesetze von den dazu berufenen Justizbehörden unter Mitwirkung der Organe der Kriminalpolizei konsequent fortgeführt. (fsc, APA, 22.8.2019)