Wachstum, Globalisierung und Profitgedanke machen der biologischen Vielfalt zu schaffen. Auch Slow-Food-Gründer Carlo Petrini warnt: "Stirbt die biologische Vielfalt, stirbt jede Art von Lebensqualität mit ihr." Ein weltumspannendes Werkzeug, um das zu verhindern, ist die "Arche des Geschmacks", die seit 2012 von der Slow-Food-Stiftung für Biodiversität forciert wird.

Ein Schäfer in Serbien.
Foto: Ivo Danchev

5.041 Produkte

In der Onlinedatenbank sind bisher 5041 Gemüse-, Frucht- und Nussarten ebenso wie Tierrassen und gefertigte Produkte wie Käse eingetragen. Was sie miteinander verbindet, ist, dass sie für die Region, aus der sie stammen kulturellen Wert haben und vom Aussterben bedroht sind. Die Arche des Geschmacks ruft alle Interessenten dazu auf, Produkte für die Arche zu finden, genau zu beschreiben und der Datenbank hinzuzufügen. Für Anwender sollen die Bücher sowie die Online-Datenbank als Guide des guten Geschmacks fungieren, die sie zu den besonderen Produkten eines Landes führen. Aus Österreich sind aktuell das Ennstaler Bergschecken-Rind, die Breinwurst, das Waldviertler Kriecherl, die Wiener Schnecke und weitere vertreten. Bisher sind Bände zu Brasilien, Peru, Mexiko und Kenia in Buchform erschienen.

In zehn Jahren soll es für nahezu alle Länder des Globus einen derartigen "Lonely Planet des Essens" geben, so Petrini. Ein Guide also, der zum einen das kulinarische Erbe erhält und zum anderen Menschen auf diese Weise einlädt, einen Landstrich durch das Essen sowie Pflanzen und Tiere der Region kennenzulernen. (Nina Wessely, RONDO, 28.8.2019)

Vier aus 5.042 Produkten der Arche

Totora, Peru

Archivio Slow Food

Totora, eine Pflanze aus der Gattung der Rohrkolben, wächst wild und wird kultiviert. Allerdings nur noch in der Gegend um den in Peru gelegenen Titicacasee. Für die kleine ethnische Gruppe der Uro ist sie unabdinglich. Die Uro sind ein Volk, die auf aus dieser Pflanze gefertigten Inseln auf dem Titicacasee leben. Die Hauptnahrungsquellen für die Uro sind Fische aus dem See sowie die jungen Triebspitzen der Totora, die sie Chullu nennen. Außerhalb ihres Kulturkreises wird die Pflanze kaum noch genutzt.

Waldviertler Kriecherl, Österreich

Foto: GRM Kern

Die Geschichte der Kultivierung des Kriecherls, einer Verwandten der Zwetschke, reicht bis in die Jungsteinzeit zurück. Verwechselt wird sie des Öfteren mit der Kirschpflaume. Diese ist in Österreich inzwischen weiter verbreitet als das Kriecherl selbst, das vor allem noch im Waldviertel vertreten ist. Die arbeitsintensive Ernte sowie der Umstand, dass sich Kriecherln weder lagern lassen noch bei verfrühter Ernte nachreifen, fördern ihr seltenes Vorkommen. Traditionell wird aus Kriecherln Saft, Marmelade und Schnaps hergestellt.

Pequi Xingu, Brasilien

www.dodesign-s.com.br

Pequi ist eine tropische Baumart aus dem Cerrado, einem Areal von rund zwei Millionen Quadratkilometern in Zentralbrasilien. Das Fruchtfleisch der Pequi-Frucht kann frisch gegessen oder konserviert werden. Die Kerne sind reich an Vitaminen und Mineralien und geröstet oder gebraten genießbar. Der Xingu Indigenous Park, kurz PIX, innerhalb des Areals vereint 16 indigene Gruppen. Insbesondere für das Volk der Kïsêdjê ist die Pequi Xingu relevant. Sie produzieren Öl aus den Kernen, das vor Insekten schützt.

Muu, Kenia

Archivio Slow Food

Der Kimuu-Baum gedeiht auf den sandigen Böden der Mutyambua-Region im südlichen Teil des Landes. Die Frucht des selten gewordenen wild wachsenden Baumes wird Muu genannt. Der Baum ist Immergrün, die Frucht verfärbt sich mit der Reife bis hin ins Schwarze. Viele Einheimische selbst kennen die Frucht nur noch aus Erzählungen, die Baumart ist urbanem Wachstum nahezu gewichen. In der Größe ist die Muu etwas kleiner als ein Apfel, das Fruchtfleisch ist weich, von vier Kernen durchzogen und nicht sonderlich süß. (Nina Wessely, 30.8.2019)