Die Ermordung des slowakischen Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova führten zu massiven Protesten. Nun werden Anklagen erwartet.

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Bratislava – Die Ermittlungen nach dem Mord an dem slowakischen Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova sind abgeschlossen. Das erklärte Marek Para, der Verteidiger des mutmaßlichen Auftraggebers des Journalistenmordes, Marian Kocner, wie die slowakische Tageszeitung "Sme" am Mittwoch berichtete.

Auch der Anwalt der Kuciak-Familie, Daniel Lipsic, bestätigte die Informationen. Die Polizei hält sich allerdings weiterhin bedeckt – zu dem Fall äußere sich ausschließlich die Sonderstaatsanwaltschaft, hieß es.

Ergänzung der Beweisaufnahme

Die Anwälte der Geschädigten können sich noch diese Woche mit der kompletten Ermittlungsakte vertraut machen, nächste Woche wird diese dann den Verteidigern der Beschuldigten vorgelegt. Beide Seiten dürfen noch um Ergänzung der Beweisaufnahme ersuchen. Danach wird die komplette Ermittlungsakte zurück zum Ermittler geleitet, der über die Anklageerhebung entscheiden wird.

Die slowakische Sonderstaatsanwaltschaft hatte bereits bei ihrer letzten Pressekonferenz Ende August angedeutet, dass man die Anklagen noch in der laufenden Frist der Untersuchungshaft der Beschuldigten erheben wolle. Diese wird Ende Oktober auslaufen.

Neben dem Geschäftsmann Kocner, der den Journalistenmord in Auftrag gegeben haben soll, sind derzeit weitere vier Personen tatverdächtig: Der ehemalige Polizist Tomas Szabo, der ehemalige Berufssoldat Miroslav Marcek, der Unternehmer Zoltan Andrusko und die Dolmetscherin Alena Zsuzsova.

Tatwaffe fehlt

Ursprünglich hatte die Polizei angenommen, dass Szabo der Todesschütze war. Überraschend gestand dann Ende April Marcek, er habe geschossen. Weiterhin fehlt aber die Tatwaffe, die Ermittler wissen lediglich, dass es sich um eine umgebaute Schusswaffe handelte. Einer der ursprünglichen Teile, konkret der Lauf, wurde in einem Fluss in der südslowakischen Kleinstadt Kollarovo gefunden.

Anklage dürfte in den nächsten Wochen gegen die vier Tatverdächtigen erhoben werden, die als Ausführende gelten und die allesamt im September letzten Jahres festgenommen wurden. Es wird angenommen, dass auch Geschäftsmann Kocner, der seit Sommer des Vorjahres wegen Verdacht auf Wechselbetrug in Untersuchungshaft sitzt, als eigentlicher Auftraggeber des Kuciak-Mordes angeklagt wird.

In Laufe der Ermittlungen im Journalistenmord haben Ermittler auch tausende Chats von Kocner sichergestellt, die er über die App Threema mit mehreren Personen, darunter auch Zsuzsova, ausgetauscht hatte. Der Inhalt hat zu weiteren Ermittlungen geführt, über die noch keine Details bekannt sind. Es dürfte sich dabei unter anderem um Amtsmissbrauch handeln. Die Polizei hat in diesem Zusammenhang im August auch die Mobiltelefone mehrerer Richter sowie der damaligen Staatssekretärin im Justizressort, Monika Jankovska, sichergestellt. Nach heftiger Kritik vonseiten der Medien und Öffentlichkeit hat Jankovska inzwischen auf ihren Posten verzichtet.

Massenproteste nach Ermordung

Der 27-jährige Investigativjournalist Jan Kuciak und seine gleichaltrige Verlobte wurden am 21. Februar 2018 in ihrem Haus in Velka Maca, rund 60 Kilometer östlich der Hauptstadt Bratislava, erschossen. Als Motiv wurde von Anfang an die Arbeit des Journalisten vermutet. Die Bluttat hat die größten Massenproteste seit der Wende 1989 in der Slowakei ausgelöst, die schließlich zum Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Robert Fico und der Bildung einer neuen Regierung unter dem Sozialdemokraten Peter Pellegrini führten. Die sozialdemokratische Smer (Richtung) Ficos ist allerdings weiterhin stärkste politische Kraft der Slowakei. (APA, 25.9.2019)