Lercher spricht von Intrige. Bleibt die Frage, wem die Debatte nützt. Die SPÖ beantwortet sie nicht.

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Die goldenen Zeiten der Firma Leykam sind Geschichte. Einst war das Herzstück der Leykam-Gruppe eine Druckerei in Graz, diese Sparte wurde vor einigen Jahren verkauft, nachdem sie massiv ins Straucheln geraten war. Schon Anfang der 2000er-Jahre geriet die steirische SPÖ in Misskredit, als die Druckerei ins benachbarte Slowenien ausgelagert wurde, um Kosten zu sparen – denn die Landespartei ist über die Spectro-Gruppe Mehrheitseigentümer der Leykam.

Seit einem Bericht über einen 20.000-Euro-Beratervertrag mit Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer und Parteirebell Max Lercher sowie der Diskussion um Porsches, Luxusuhren und Nobelclub-Visiten von SPÖ-Vertretern gibt es ein Hauen und Stechen in der Partei.
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Ruft man heute die Homepage der Firma auf, deutet nichts auf eine antiquierte Firma hin, die den Anschluss ans digitale Zeitalter verpasst hat. Im Gegenteil: Die Seite wirkt wie das Aushängeschild eines Start-ups. Max Lercher, im Vorjahr geschasster Bundesgeschäftsführer der SPÖ, und sein Team sind zu sehen. Seine Mitarbeiter hat er großteils aus der Löwelstraße mitgenommen, wie seinen ehemaligen Büroleiter und die ehemalige Social-Media-Beauftragte von Kurzzeitkanzler Christian Kern.

Michael Schickhofer, Chef der SPÖ Steiermark, die am 24. November die nächsten Wahlen zu schlagen hat, nimmt zu den internen SPÖ-Querelen Stellung.
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Sparauftrag nach Wahlniederlage

Lercher ist seit Anfang des Jahres Geschäftsführer der Leykam Medien AG, davor war er im Aufsichtsrat.

Als Leistungen bietet das Unternehmen heute Campaigning, Digital Strategy, Change Management, Events, Personal Branding und Data-Management an.

20.000 Euro soll die SPÖ monatlich an Leykam für Leistungen bezahlen, was im Bundesvorstand am vergangenen Freitag thematisiert wurde. Denn die Partei muss nach der Wahlniederlage sparen und ihre Kosten um rund zwei Millionen Euro senken.

Da kommen alle externen Verträge auf den Prüfstand, Leistungen werden evaluiert und Kündigungsmöglichkeiten erwogen. Lercher ortet eine Intrige gegen ihn und erhob schwere Vorwürfe gegen die Parteiführung. Er verwies auf eine Schweigeklausel. Welche Leistungen vertraglich vereinbart wurden, dürfe er nicht sagen.

IT-Leistungen und Strategie

Dem Vernehmen nach dürfte es sich um IT-Leistungen handeln: Da die neun Landesorganisationen und die Bundesorganisation über unterschiedliche EDV-Systeme verfügen, sollte Leykam diese vereinheitlichen. Gleichzeitig sollte es auch um eine Vernetzung gehen, denn Lercher kenne als ehemaliger steirischer Landessekretär alle maßgeblichen Player in Bund und Ländern. Er sollte sich um die Frage kümmern, wie Bundes- und Länderorganisationen in Zukunft besser zusammenarbeiten können. Aber auch Datenmanagement, Strategie und Konzeption sollen laut STANDARD-Informationen Teil des Vertrags sein.

Das bestätigt ein Bericht der "Kleinen Zeitung", die den sechs Seiten umfassenden und am 12. Februar 2019 zwischen dem damaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda und Lercher unterzeichneten Vertrag kennt. Tenor: Die Firma soll für eine enge Abstimmung der Politik mit den Gemeinden und den Länderorganisationen der Partei sorgen. Weiters sieht der Vertrag Leistungen der Leykam in zwei Bereichen vor: "Data-Management" und "Kommunalstrategie".

Als Gegenleistung wurden jährlich 200.000 Euro zuzüglich 20 Prozent Mehrwertsteuer vereinbart, schreibt die "Kleine Zeitung". Der Vertrag sei auf drei Jahre befristet, insgesamt fließen also 720.000 Euro brutto an die in Graz ansässige, SPÖ-eigene Firma. Der Vertrag kann aber nach 18 Monaten gekündigt werden. Ausdrücklich wird erklärt, die Vergütung sei "markt- und fremdüblich". Das müsse von den Vertragspartnern "wechselweise je nach Aufforderung" nachgewiesen werden.

Hoffnung, Sieg und Problemfälle

Zum Vertrag gehört auch ein "Sideletter", zwei Seiten, der die Leistungen detailliert beschreibt. So soll Lerchers Firma etwa "Hoffnungs- und Sieggemeinden" für Kommunalwahlen analysieren und "Problemfälle" herausfiltern. Außerdem wird von der Bundespartei ein "Maßnahmenpaket" zur "Strukturreform" der Landes- und Bezirksparteien gewünscht.

Noch detaillierter ist der Vertrag laut dem Bericht der "Kleinen Zeitung" im Bereich Data-Management: "Die Leykam soll demnach für die 'Entwicklung eines Tools zur zielgruppengerechten Ansprache der WählerInnenschaft' verantwortlich sein, wie es gendergerecht heißt."

Lercher und sein Leykam-Team sollen für die SPÖ auch als Datenschürfer aktiv werden, indem sie "Konzepte für das Datamining" entwickeln und der SPÖ einen "Algorithmus zur idealen Datennutzung" liefern – ausdrücklich urgiert: in Übereinstimmung mit den Datenschutzgesetzen. Ziel sei die "Kampagnenfähigkeit" aller Einheiten. Und: Es sollen dadurch jährlich 200.000 Euro an Kosten eingespart werden. Die "Beratung" würde sich also idealerweise selbst finanzieren. Betont wird in dem Vertrag auch, dass der Job der Leykam ausschließlich "ein Beratungsverhältnis" sei, das nur "Umsetzungswege" aufzeigen solle. Die Realisierung liege ausschließlich in "Kompetenz und Verantwortung" der SPÖ.

2017 noch schwer im Minus

Laut dem TV-Sender Puls 24, der Einsicht in den Jahresabschluss 2017 hatte, stand die Leykam Medien AG 2017 übrigens noch auf sehr prekären Beinen – mit einem Bilanzverlust von 9.107.764,29 Euro. Hauptaktionär mit einem Anteil von 79,92 Prozent ist die Spectro gemeinnützige Gesellschaft für wissenschaftliche Forschung GmbH, die zu 100 Prozent der steirischen SPÖ gehört. Aufsichtsrat ist der steirische Vizelandeshauptmann und SP-Landeschef Michael Schickhofer. Weiters gibt es dann noch die heuer gegründete Leykam Events & Entwicklungs GmbH, über die, so berichtet Puls 24, "das SPÖ-Geld abgerechnet worden sein soll". Sie ist eine 100-Prozent-Tochter der Leykam. Einer der Geschäftsführer dort ist ebenfalls Max Lercher.

Insiderinformation

Warum diese Insiderinformationen ausgerechnet jetzt nach außen getragen werden? Der 33-jährige Steirer, der am Mittwoch erstmals in den Nationalrat einziehen wird, war einer der Ersten, die Parteichefin Pamela Rendi-Wagner nach dem roten Wahldebakel öffentlich widersprochen hatten. Der Kurs stimme eben nicht, betonte er. Aus der SPÖ müsse wieder eine Hacklerpartei werden, ist er überzeugt. In einem großen Interview mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" fordert er gar eine Neugründung der Partei.

Als Geschäftsführer des Unternehmens soll er nach eigenen Angaben 6.000 Euro brutto verdient haben. Einen Betrag, den er reduzieren wollte, da er als Nationalratsabgeordneter künftig 9.000 brutto zusätzlich verdienen wird. Er habe beim Aufsichtsrat um eine Reduzierung auf 2.500 Euro angesucht, sagte er am Wochenende der "Kleinen Zeitung". (red, Marie-Theres Egyed, Conrad Seidl, 21.10.2019)