Medial auf der Höhe der Zeit sein ist heute ohne digitale Kommunikation nicht möglich. Max Lercher hat mit Leykam das Datenmanagement für die SPÖ übernommen.

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Hat die Kurz-ÖVP zur erfolgreichen Marke und Mitmachbewegung geformt: Philipp Maderthaner mit seinem Campaigning Bureau.

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Plakate gehören natürlich zum Geschäft, ebenso Inserate, das Flugzettelverteilen und natürlich die Fernsehauftritte – aber das ist nach den Erkenntnissen der modernen Wahlforschung nur die Spitze des Eisbergs, die man allgemein von Wahlkämpfen wahrnimmt.

Viel bedeutender ist es allerdings, dass sich die Wahlberechtigten persönlich angesprochen fühlen. Die SPÖ hat diese persönliche Ansprache jahrzehntelang erfolgreich mit Hausbesuchen in ihren Hochburgen praktiziert. Die ÖVP hat in den 1970er-Jahren begonnen, ihren Mitarbeitern Seiten aus dem Telefonbuch in die Hand zu drücken: Die überraschten Angerufenen wurden mit freundlichen Grüßen der ÖVP aufgefordert, zur Wahl zu gehen.

Schnee von gestern. Heute kommt die Aufforderung vom Computer – und viel gezielter.

Im Wahlkampf 2019 hat etwa die FPÖ an ihr bekannte Nummern von potenziellen freiheitlichen Wählern SMS und Sprachnachrichten verschickt, um auf "Toptermine" wie eben Fernsehauftritte ihrer Kandidaten aufmerksam zu machen. Eine Praxis, die aus den USA bekannt ist und auch von anderen Parteien angewendet wird. Die Grünen verschickten an potenziell grün geneigte Wahlberechtigte in vertraulichem Ton gehaltene Mails im Namen Werner Koglers.

Digitale Basisarbeit

Die SPÖ, deren Funktionäre jahrelang Klinken putzen waren, ist in dieser digitalisierten Interessentenbetreuung etwas hintennach – und das erklärt die Aufgabenstellung, die dem nun diskutierten Vertrag mit der Leykam Medien AG zugrunde liegt. Geschäftsführer Max Lercher, der gern die Basisarbeit – eben das Klinkenputzen – beschwört, arbeitet nun daran, dies in die digitale Welt zu übertragen.

Wie der von der Kleinen Zeitung veröffentlichte Vertrag zwischen Bundes-SPÖ (vertreten durch den damaligen Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda) und Leykam vom 12. Februar 2019 belegt, geht es dabei um "Datenmanagement" – also um die "Entwicklung eines Tools zur zielgruppengerechten Ansprache der WählerInnenschaft". Dafür macht die SPÖ jährlich 200.000 Euro plus Mehrwertsteuer locker – und erhofft sich Einsparungen in gleicher Höhe.

Partei als Mitmachbewegung

Der auf drei Jahre angelegte Vertrag soll eine Kündigungsmöglichkeit frühestens nach 18 Monaten vorsehen – auch die von der jetzigen Bundesgeschäftsführung angestrebte Evaluierung der Leistungen (zu denen auch die Analyse kommunalpolitisch relevanter Gemeinden gehört) ist ausdrücklich vorgesehen.

Mit diesem Auftrag an die Datamining-Firma Leykam zieht die SPÖ der ÖVP nach. Diese hatte bereits im Wahlkampf 2017 Philipp Maderthaner, den Gründer und Geschäftsführer von Campaigning Bureau, mit der Ausrichtung des Wahlkampfs für Sebastian Kurz beauftragt. Dem deutschen Magazin Focus erklärte er, "ein mittlerweile nahezu unerschütterliches Fundament an Unterstützerkontakten und Daten, eine identitätsstiftende Marke mit neuen Zugängen in der Kommunikation und ein Organisationsverständnis, das sich von der Mitgliederorganisation zur Mitmachbewegung gewandelt hat", aufgebaut zu haben.

Was Maderthaner hier skizziert, ist eine Neudefinition dessen, was eine demokratische Parteistruktur darstellt – Entmachtung des Parteiestablishments inklusive.

Auch Leykam soll zu Strukturänderungen Vorschläge machen. (Conrad Seidl, 23. 10. 2019)