In einem Lokal am Wiener Viktor-Adler-Markt stellten sich die Protagonisten einer neuen SPÖ-internen Plattform für Diversität vor.

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An lauten Ankündigungen von Reformen, Initiativen und Projekten mangelte es bei der SPÖ in den vergangenen Jahren selten, doch so richtig ins Laufen kamen sie nie. Um das Getöse nun mit Bewegung zu verknüpfen, haben sich die Genossen in den letzten Wochen offenbar auf die Metapher des Startschusses verlegt. Nachdem Parteichefin Pamela Rendi-Wagner kürzlich den "Startschuss" für einen innerparteilichen Erneuerungsprozess verkündete, hat am Montag die Initiative Sozialdemokratische Vielfalt (Sovie) ihre erste rhetorische Kugel auf einer Pressekonferenz in Wien abgefeuert.

Der Ort und die kulinarische Begleitung der Präsentation setzten bereits erste Duftmarken, die die Absicht der neuen Plattform verdeutlichen sollten: In einem türkischen Lokal am Viktor-Adler-Markt im migrantisch geprägten Arbeiterbezirk Favoriten präsentierten die Aktivisten bei Cay und Baklava ihre Ideen für mehr Diversität.

Diversität auf allen Ebenen

Wobei Diversität "auf allen Ebenen" und nicht nur in Bezug auf den Migrationshintergrund gemeint ist, wie Sovie-Vorsitzendem Mustafa Durmus zu betonen wichtig war. Man wolle sich etwa auch der Vielfalt sexueller Orientierungen annehmen. Das übergreifende Problem sei nämlich, dass sich die Struktur der Bevölkerung nicht ausreichend in den politischen Vertretern widerspiegle, ergänzte Patricia Katsulis, die als Frauenvorsitzende der Jungen Generation in der SPÖ tätig ist. Da gebe es auch in eigenen Partei Nachholbedarf.

Prominente Abgeordnete konnte die Initiative bislang nicht für sich gewinnen, was aber auch daran liegt, dass man sich darum nicht bemüht hat. "Wir haben diesen Versuch bewusst nicht unternommen, weil wir einen jungen Spirit mitbringen wollen", sagte Durmus.

Keine Parallelstrukturen

Mit an Bord ist allerdings der Salzburger Shootingstar Tarik Mete, der bei der Nationalratswahl österreichweit für Aufsehen gesorgt hatte. Nicht nur wegen seiner sechs akademischen Titel, die nicht alle auf den Stimmzettel passten, sondern vor allem weil er vom 134. Listenplatz aus mehr als 15.000 Vorzugsstimmen erzielte. Bei der SPÖ wurde Mete nur von Parteichefin Rendi-Wagner übertroffen, die es auf knapp 27.000 Vorzugsstimmen brachte. Der 33-Jährige konnte damit die Ernte einer langjährigen Mobilisierung von Sympathisanten über Social-Media-Kanäle einfahren. Für den Einzug in den Nationalrat reichte es trotzdem nicht, er ist nun weiterhin als Gemeinderat in der Stadt Salzburg aktiv.

Mete kritisierte, dass sich die SPÖ beim Thema Migration und Integration "weggeduckt" habe und Probleme unter den Teppich gekehrt habe. Man werde das Gespräch mit der Bundespartei suchen, um sie davon zu überzeugen, dass Sovie "ein zusätzliches Asset" für die Partei sei, sagte Mete und ließ damit seine Ausbildungen im Managementbereich durchklingen. Keinesfalls wolle die neue Initiative parallele Strukturen zur SPÖ aufbauen. Vielmehr gelte es, das Anliegen von mehr Vielfalt in den bestehenden Gremien wirkungsvoller zu verankern.

Zuerst Reden

Konkrete Vorschläge für eine Änderung der sozialdemokratischen Integrationspolitik hat Sovie gegenwärtig selbst noch nicht anzubieten. Das sei im jetzigen Stadium auch noch nicht angebracht. Zunächst wolle man "ins Reden kommen" und den "Ergebnissen des Diskussionsprozesses nicht vorgreifen", formulierte der neue Vorsitzende Durmus defensiv.

Er könne sich aber beispielsweise ein Engagement für die Einführung eines Wahlrechts für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft vorstellen: "Es spricht nichts dagegen, dass Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt seit Jahren in Österreich haben, auch bei den Wahlen mitbestimmen dürfen." (Theo Anders, 29.10. 2019)