Dass seiner Branche ein etwas verstaubtes Image anhaftet, liegt in der Natur der Dinge: Staub ist schließlich ein ständiger Begleiter des Ägyptologen. Es ist jedoch die Wissenschaft, die die Vergangenheit aus dem Staub wiederauferstehen lässt und greifbar macht ?– von der Öffentlichkeit jedoch zumeist viel zu wenig beachtet. Kaum einem Ägyptologen wurde in der jüngeren Vergangenheit so viel Aufmerksamkeit zuteil wie Zahi Hawass.

Der 1947 geborene ehemalige Leiter der ägyptischen Altertümerverwaltung ist ein Meister der Selbstinszenierung. Wie Indiana Jones stets mit einem Stetson als Markenzeichen auf dem Kopf, schafft Hawass es regelmäßig, sein Metier in die Schlagzeilen zu hieven. 2006 schaffte er es gar auf die Liste der hundert einflussreichsten Personen des Time Magazine.

Archäologe Zahi Hawass verkündete die Entdeckung einer verlorenen Stadt.
Foto: AFP / Khaled Desouki

"Aufgang des Aton"

Nun vermeldete Hawass die Entdeckung der "verlorenen goldenen Stadt", der Hauptstadt von Pharao Amenophis III. am Westufer des Nils nahe Luxor. Hier soll sich im 14. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zur Glanzzeit der altägyptischen Kultur die Metropole "Aufgang des Aton" befunden haben, deren südlicher Teil in einer monatelangen Grabung freigelegt wurde. Es handle sich um den wichtigsten Fund seit Tutanchamuns Grab, erklärte die US-amerikanische Ägyptologin Betsy Bryan.

Zweifellos können die Funde eine der spannendsten Epochen Ägyptens erhellen. Amenophis’ Sohn Echnaton hatte den Versuch unternommen, die jahrtausendealte Kultur grundlegend umzumodeln – unter den Nachfolgern Tutanchamun, Eje und Haremhab folgte umgehend die Rückkehr zu den alten Strukturen.

Propaganda für mehr Tourismus

Wenige Tage nach dem pompösen Umzug der Mumie Amenophis’ III. und fast zwei Dutzend seiner Kollegen in das neue Museum in Kairo ist die Meldung des Fundes aber vor allem als Teil der staatlichen Propaganda zu sehen, um den Tourismus wieder anzukurbeln.

Auch wenn an seinen Verdiensten für die Publicity der Ägyptologie keine Zweifel bestehen, ist Hawass alles andere als unumstritten. Missliebige Kollegen sollen seine Macht zu spüren bekommen haben, er fiel durch antisemitische Aussagen auf, die Wissenschaft kommerzialisierte er, mit den Machthabern suchte er sich stets zu arrangieren. 2011 wurde er knapp vor Ende der Mubarak-Ära kurzfristig sogar Chef des neuen Antikenministeriums. Hawass’ Hut kann man sogar auf seiner Webseite kaufen – angeblich zugunsten einer Kinder-Krebsklinik. (Michael Vosatka, 11.4.2021)