oe24.at soll für das oe24.tv-Interview mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) mit einem Zitat getrommelt haben, das Mückstein zuvor nur bei Puls 24 fallenließ.

Foto: Screenshot/oe24.tv

Wien – Der Nachrichtensender Puls 24 prüft rechtliche Schritte gegen seinen Konkurrenten oe24.tv. Der Grund ist das mediale Echo eines Interviews, das Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) dem Privatsender Puls 24 gab. Darin sagte Mückstein: "Ich kann nur den Dominic Thiem auffordern, dass er sich impfen lässt." Der Tennisstar hatte zuletzt gemeint, auf die Zulassung eines Totimpfstoffs warten zu wollen.

oe24.tv soll sich dieses Mückstein-Zitats bedient und es als eigenes ausgegeben haben, lautet der Vorwurf von Puls 24 – dokumentiert anhand von Screenshots. Der Sender behält sich rechtliche Schritte gegen oe24.tv vor und wird diese Causa auch vor den österreichischen Presserat bringen, heißt es zum STANDARD.

Die Causa

Laut Angaben von Puls 24 fand das Interview mit Mückstein am Mittwoch kurz vor Mittag statt. Der Sender verschickte daraufhin um 14.22 Uhr eine OTS mit dem Titel "Gesundheitsminister Mückstein bei Puls 24 heute um 22.20 Uhr: 'Ich kann nur den Dominic Thiem auffordern, dass er sich impfen lässt.'" Nach dem Versenden der Vorabmeldung fand sich das Thiem-Zitat in einem Artikel der Austria Presse-Agentur sowie in zahlreichen österreichische Onlinemedien wie dem STANDARD wieder, aber auch in Deutschland etwa bei sueddeutsche.de oder tagesschau.de.

Zitat aus dem Interview, das noch nicht stattfand

Das Zitat Mücksteins veröffentlichte am späten Nachmittag auch die Plattform oe24.at in einem Artikel. Dort wurde allerdings Puls 24 durch oe24.tv ausgetauscht und auf ein oe24.tv-Interview mit dem Gesundheitsminister verwiesen, das ebenso am Abend ausgestrahlt werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt wurde es aber noch nicht geführt, was das Gesundheitsministerium Puls 24 bestätigt hatte.

Auf STANDARD-Anfrage im Gesundheitsministerium heißt es, dass das Interview mit Mückstein um 18 Uhr stattfand, also erst nach der Ankündigung auf oe24.at, was der Gesundheitsminister bei oe24.tv sagen werde.

Zitat in den Mund gelegt

Nachdem Puls 24 darauf aufmerksam gemacht hatte, änderte oe24.at das Zitat im Artikel auf "wird (...) sagen".

Am Donnerstag erschien dann auch ein Artikel in der Zeitung "Österreich" mit dem Titel "Impfstreit um Thiem". Darin wird ein Zitat aus dem oe24.tv-Interview, wie es heißt, angeführt: "Ich kann den Dominic nur auffordern, sich impfen zu lassen."

Dieses Zitat stamme aber aus dem Puls-24-Interview und wurde von "Österreich" leicht geändert, so der Sender, der sich deswegen an den Presserat wenden wird. Das Selbstkontrollorgan der österreichischen Medien ist nicht für TV zuständig, sehr wohl aber für Online- und Printveröffentlichungen.

Mückstein über Thiem bei oe24.tv

Laut Transkript der Interviewpassage über Dominic Thiem sagte Mückstein bei oe24.tv: "Also es ist nicht sicher, dass der Impfstoff, der im ersten Quartal '22 erst kommen wird – der Totimpfstoff – irgendwelche Vorteile gegenüber dem mRNA-Impfstoff hat. Also, das weiß man nicht. Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele Österreicherinnen und Österreicher impfen gehen. Ich bin ein großer Fan von Dominic Thiem, ich möchte haben, dass er viele Turniere noch gewinnt für uns. Insofern wär's gut, wenn er sich impfen lässt. Also ich glaub, das Warten auf einen Impfstoff, der erst im ersten Quartal '22 kommt, ist dann schon zu spät für die vierte Welle, ist, glaub ich, kein guter Plan."

Fellner: "Völlig absurd und entbehrt jeglicher Grundlage"

Davon, dass er Thiem auffordere, sich impfen zu lassen, ist also nicht die Rede. oe24.tv-Geschäftsführer Niki Fellner erklärt auf STANDARD-Anfrage, dass er den Vorwurf des Zitatklaus nicht nachvollziehen könne: "Das Interview mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein hat nachweislich stattgefunden und wurde am Donnerstagabend um 21 Uhr auf oe24.tv ausgestrahlt – übrigens mehr als eine Stunde vor der Ausstrahlung des Interviews mit Gesundheitsminister Mückstein auf Puls 24 um 22.20 Uhr. Dieser Vorwurf ist also völlig absurd und entbehrt jeglicher Grundlage."

Und: "Puls 24 ist scheinbar zunehmend nervös aufgrund der deutlich besseren Quoten von oe24.tv und versucht, vom eigenen Misserfolg abzulenken." Warum auf oe24.at bereits am Nachmittag ein Zitat des Gesprächs, das noch gar nicht stattgefunden hatte, zu lesen war, darauf ging Fellner nicht näher ein. Der Artikel sei eine "Ankündigung" für die Ausstrahlung gewesen.

Puls-24-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner will jedenfalls dagegen vorgehen: "Wir lehnen diese Vorgehensweise entschieden ab. Das hat nichts mehr mit ordentlichem Journalismus zu tun." (omark, 28.10.2021)