Formal wurde die Verordnung am Sonntagabend vom Hauptausschuss im Nationalrat abgesegnet, in der Nacht auf Montag tritt sie in Kraft.

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Wien – Der "Lockdown für Ungeimpfte" wird in der Nacht auf Montag österreichweit in Kraft treten. Das geht aus dem der APA vorliegenden Entwurf für die 5. Covid-Schutzmaßnahmenverordnung hervor. Damit dürfen Österreicherinnen und Österreicher ohne 2G-Nachweis ihre Wohnung nur aus den schon von früheren Lockdowns bekannten Gründen verlassen – also etwa für notwendige Besorgungen, den Weg zur Arbeit oder zur körperlichen und psychischen Erholung. Ausgenommen sind Kinder unter zwölf. Bei einer Pressekonferenz am Sonntag schloss die Regierung weitere Maßnahmen nicht aus, sollte die derzeitige Dynamik bei den Neuinfektionen anhalten.

Die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen bilden einen Mindestrahmen, die Länder können strengere Regeln erlassen. Die Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte sollen zur "Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung" dienen, wie es im Verordnungsentwurf heißt. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat ein "engmaschiges Netz an Kontrollen" angekündigt. Bei jeder Kontrolltätigkeit der Polizei soll künftig auch der 2G-Status abgefragt werden. Wer gegen die Ausgangsbeschränkungen verstößt, riskiert demnach 500 Euro, wer die Mitwirkung an der Corona-Kontrolle ganz verweigert, 1.450 Euro.

Ausnahmen

Weiterhin möglich sein wird jedenfalls der Weg zur Impfung oder Corona-Testung, wie es im Entwurf heißt. Auch die "Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse" und der Friedhofsbesuch werden möglich sein. Die Wohnung soll verlassen werden dürfen, wenn eine "unmittelbare Gefahr für Leib, Leben und Eigentum abzuwenden" sei, man seinen Lebenspartner oder seine Lebenspartnerin oder einzelne wichtige Bezugspersonen trifft. Auch wer sich mit Grundgütern des täglichen Lebens eindecken muss, zum Beispiel zum Supermarkt oder zur Apotheke geht, soll die eigenen vier Wände verlassen dürfen. Wer hingegen in ein Modegeschäft oder in ein Möbelgeschäft gehen will, braucht einen vollständigen Impfschutz.

Weitere Ausnahmen sollen beinhalten: Arztbesuche, Versorgung von Tieren, Besuch der Arbeit oder Ausbildung, Behördenwege und den Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung. Dies soll allein oder mit Personen des gemeinsamen Haushaltes von Ungeimpften oder mit einer anderen Person möglich sein.

Für Schulkinder reicht "Ninja-Pass"

Wer schulpflichtig ist, soll sich nicht impfen müssen, um das Haus zu verlassen. Sehr wohl aber muss der "Ninja-Pass" mit sich geführt werden. Dort müssen die regelmäßig vorgeschriebenen Tests vermerkt sein. Welche Tests wie lange für den Corona-Testpass gelten, können Sie hier nachlesen.

Wer gilt als geimpft?

Als geimpft gilt laut Medienberichten, wer zweimal mit dem Vakzin von Astra Zeneca, Biontech/Pfizer oder Moderna immunisiert wurde und die zweite Dosis nicht länger als 360 Tage zurückliegt. Eine Impfung mit dem Vakzin von Johnson & Johnson darf nicht länger als 270 Tage zurückliegen. Genesene brauchen eine ärztliche Bestätigung oder einen Absonderungsbescheid, der nicht älter als 180 Tage ist.

FFP2-Masken-Pflicht für alle

Für alle wird die Maskenpflicht verschärft. In geschlossenen Räumen öffentlicher Orte, in Taxis und öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Seil- und Zahnradbahnen, wenn diese für die Deckung notwendiger Grundbedürfnisse gebraucht werden, soll eine FFP2-Masken-Pflicht gelten. Für die Benutzung von Seilbahnen in der Freizeit oder aus anderen Gründen gilt zusätzlich die 2G-Regel.

Formal wurde die Verordnung am Sonntagabend noch vom Hauptausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von ÖVP und Grünen bestätigt. Die Oppositionsparteien stimmten aus unterschiedlichen Gründen dagegen. Die Verordnung gilt vorerst bis 24. November befristet und müsste dann verlängert werden.

Warnungen und Appelle

Diesem Schritt sind alarmierende Berichte aus Österreichs Intensivstationen vorangegangen. Im Ö1-"Mittagsjournal" vom Samstag sagte die Pflegeleiterin auf der Covid-Intensivstation im Kepler-Universitätsklinikum Linz, Karin Engl, etwa, dass sie nicht mehr wisse, wo sie ihre Patienten hinlegen soll, wenn nicht jemand stirbt und ein Bett frei wird. In einer gemeinsamen Erklärung appellierten am Freitag namhafte Wissenschafterinnen und Wissenschafter an Politik und Bevölkerung zu "konsequenten Maßnahmen zur Kontaktreduktion", die Erhöhung der Impfquote und verpflichtende PCR-Tests auch für Geimpfte. Von der Politik fordern die Expertinnen und Experten, Partikularinteressen hintanzustellen. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen appellierte am Samstag an Bund und Länder, die Maßnahmen zu verschärfen.

Angesichts der rasant steigenden Corona-Zahlen folgten zahlreiche Appelle für schärfere Maßnahmen.

In einigen Bundesländern werden noch strengere Regeln gelten, als sie die Verordnung zum Lockdown für Ungeimpfte vorsieht. In Oberösterreich soll auch die Nachtgastronomie bis zum 6. Dezember für alle schließen, alle Veranstaltungen werden abgesagt. Die FFP2-Masken-Pflicht gilt auch für die Gastronomie: Nur am Tisch darf die Maske abgenommen werden. Auf den Adventmärkten ist die Konsumation verboten, auch dort gilt eine FFP2-Pflicht. Bei Gottesdiensten soll es wieder eine Abstandsregel geben.

Wien führt 2Gplus ein

In Salzburg soll ebenfalls die FFP2-Masken-Pflicht auf alle Innenräume ausgedehnt werden. Zudem werde ein Alkoholverbot bei Weihnachts- und Adventmärkten gelten, in der Gastro darf nur noch am Tisch konsumiert werden.

Wien hat für die Nachtgastro bereits schärfere Regeln beschlossen: Ab kommender Woche dürfen nur noch geimpfte Personen mit einem gültigen PCR-Test-Ergebnis in Clubs und Diskotheken. Diese Regel wird für alle Events ab 25 Personen gelten, auch bei einem Theater oder Kinobesuch. Auch die FFP2-Masken-Pflicht wird wieder ausgeweitet. In nicht privaten Innenräumen und am Arbeitsplatz, wenn enger Kontakt zu anderen Personen besteht, muss eine FFP2-Maske getragen werden. In der Gastronomie ist dies abseits des Platzes wieder nötig.

Zusätzliche Wirtschaftshilfen angekündigt

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kündigte angesichts der bevorstehenden Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte weitere Wirtschaftshilfen an. "Bis Jahresende laufen etwa noch der Verlustersatz, Garantien oder auch die Kurzarbeit. Durch die aktuell notwendigen Verschärfungen wird es darüber hinaus weitere Hilfen für besonders betroffene Betriebe brauchen", so Blümel in einer Aussendung am Samstag.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) versprach am Samstagnachmittag vom Lockdown betroffenen Unternehmen, die Corona-Kurzarbeit im vollen Umfang in Anspruch nehmen zu können. Eine Arbeitszeitreduktion auf null Prozent mit Corona-Kurzarbeit sei möglich. "Unternehmen, die von behördlichen Schließungen betroffen sind, können sich jedenfalls unverändert einer Unterstützung durch die Kurzarbeit sicher sein", versicherte Kocher.

Die aktuelle Phase 5 der Kurzarbeit stehe allen Unternehmen, die nicht in vollem Umfang ausgelastet sind, zur Verfügung. Im Normalfall ermöglicht die Kurzarbeit eine Arbeitszeitreduktion auf 50 Prozent, in Ausnahmefällen sogar darunter bis zum völligen Arbeitsausfall. Darüber hinaus stehe die aktuelle Form der Phase 5 all jenen Betrieben offen, die die Unterstützung benötigten.

Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker deponierte am Samstagnachmittag seine Befürchtung: "Ein Lockdown – egal in welcher Form – wird wieder auf dem Rücken der Unternehmen und des Mittelstands ausgetragen." Kritik kam auch vom linken Momentum-Institut. "Schon wieder wurde der Sommer verschlafen, anstatt sich auf die Welle im Herbst vorzubereiten", kritisiert deren Chefökonom Oliver Picek. Er fordert eine Impfpflicht, "damit sich Lockdowns nicht wie letztes Jahr monatelang hinziehen". (APA, lalo, 13.11.2021)