Die Impfpflicht ist seit Montag offiziell in Kraft.

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Wer sogenannte Ausnahmeatteste ausstellen darf – also Bescheinigungen, dass eine Person aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden kann –, ist seit Bekanntgabe der Corona-Impfpflicht heftig umstritten. Die geplanten Regeln haben sich mehrmals geändert, mit der finalen Version ist die Ärztekammer recht unglücklich.

Denn: Zwar sind dafür bestimmte Spitalsambulanzen definiert, die neben Amtsärztinnen und Epidemieärzten solche Atteste ausstellen dürfen – doch in der Anlage zur Verordnung ist die entsprechende Passage so formuliert: "Als fachlich geeignete Ambulanzen (...) gelten Ambulanzen inländischer Krankenanstalten, insbesondere folgende Ambulanzen", woraufhin Spezialambulanzen für Immunsupprimierte, Ambulanzen für Dermatologie, interne Ambulanzen, geriatrische Ambulanzen, Ambulanzen für Transplantationsmedizin und Transplantationschirurgie und neurologische Ambulanzen aufgezählt werden. Das Wort "insbesondere" ist es nun, das für Unklarheit sorgt, schließt es doch auch andere Ambulanzen mit ein.

Keine explizite Ausnahme aus psychischen Gründen

Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, ließ dazu per Aussendung wissen: "Die Ärztinnen und Ärzte in den Spitalsambulanzen sind sicher nicht die Lückenbüßer für behördliches Versagen – mit den Impfbefreiungen sollen sich bitte die nominierten Amtsärzte und Epidemieärzte beschäftigen, die mein vollstes Vertrauen genießen. Spitalsambulanzen dürfen jedenfalls nicht dafür zweckentfremdet werden." Denn: Er befürchtet einen Ansturm auf die Spitäler, deren Fokus aber auf der Versorgung von Patienten und Patientinnen liegen solle. Schon bevor Gesetz und Verordnung offiziell wurden, hatten zahlreiche Interessenvertretungen ihre Sorge darüber geäußert, dass von Impfgegnern und -gegnerinnen heftiger Druck auf Ärzte und Ärztinnen ausgeübt werden könnte.

So ist diese finale Version schon eine deutliche Eingrenzung dessen, was bisher geplant war: Im ursprünglichen Entwurf zur Impfpflicht, der im Dezember veröffentlicht wurde, war da auch eine ganze Reihe von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten vorgesehen, darunter jene für Allgemeinmedizin, für ein internistisches Sonderfach, für Psychiatrie, für Haut- und Geschlechtskrankheiten, für Gynäkologie oder für Kinder- und Jugendheilkunde.

Übrigens: Ärzte und Ärztinnen mit einem Fokus auf psychische Erkrankungen sind nun nicht mehr explizit in der Verordnung genannt. Eine Angst vor Nadeln oder andere psychische Erkrankungen sind auch nicht explizit als Ausnahmegründe gelistet. Offen ist aber, ob das in die Formulierung "nicht ohne konkrete und ernstliche Gefahr für Leben oder Gesundheit", wie es in der Verordnung heißt, fallen könnte – das müssten wohl Ärztinnen und Ärzte individuell entscheiden.

Auch die Österreichische Krebshilfe äußerte Kritik an den festgelegten Ausnahmen – die gelten nämlich auch für Menschen mit einer aktiven Krebserkrankung, wenn innerhalb der letzten sechs Monate eine onkologische Pharmakotherapie oder eine Strahlentherapie gemacht wurde, und für Menschen mit einer metastasierenden Krebserkrankung. Das widerspreche den bisherigen Empfehlungen für Krebspatientinnen und -patienten, heißt es von der Krebshilfe, diese könnten nun verunsichert werden. So sieht das auch Matthias Preusser, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie der Med-Uni Wien. Er sagte im Gespräch mit der APA: "Gerade Menschen mit bösartigen Erkrankungen sollten besonders auf ihren Impfschutz achten."

Atteste vorerst nur in Papierform

Die Atteste müssen zumindest zu Beginn der Impfpflicht noch in Papierform ausgestellt werden. Dazu, wie das aussehen muss, wurde eine Formvorlage veröffentlicht. In dem einseitigen Word-Dokument ist nur anzugeben, dass eine Person von der Impfpflicht ausgenommen ist; warum genau, muss nicht angegeben werden. In der Begründung zur Verordnung wird außerdem festgehalten, dass dieses Formblatt nur ein Vorschlag dafür ist, wie ein Ausnahmeattest auszusehen hat.

Eigentlich ist im Impfpflichtgesetz festgeschrieben, dass Ärztinnen und Ärzte einen Ausnahmegrund auch ins Impfregister eintragen müssen, das ist technisch momentan aber nicht möglich, wie das Gesundheitsministerium bestätigt. Man werde damit wohl noch bis spätestens April brauchen, also voraussichtlich länger, als erste Strafen verhängt werden.

Dass der Bund die Länder informierte, diese könnten bis dahin eigene digitale Strukturen aufbauen, kritisiert nun auch die Kärntner Landesregierung: Bis Samstag sei man davon ausgegangen, dass der Bund über die ELGA eine zentrale Einmeldeplattform für Ansuchen zur Impfpflichtbefreiung installieren werde, heißt es in einer Aussendung. "Am Samstag nach 21 Uhr ist dann ein Nein des Ministers bei uns Gesundheitsreferenten per Mail eingelangt. Die Installierung der Einmeldeplattform ist uns Ländern umgehängt worden", wird Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner (SPÖ) in einer Aussendung zitiert. Die Bundesländer müssten nun wieder "Feuerwehr spielen" und seien übereingekommen, in der Umsetzung der Plattform "einheitlich und zeitlich konform" vorzugehen. Auch Vorarlberg und Niederösterreich schießen sich auf Mückstein ein und bemängeln das Fehlen einer bundesweiten Plattform.

"Bei der Impfpflicht und dem dazugehörigen Gesetz handelt es sich um ein gemeinsames Projekt von vier Parteien und der gesamten Bundesregierung", stellte daraufhin Mückstein klar. Zu einer Einigung zwischen Bundesregierung und Ländern sei es bei der Landeshauptleutekonferenz vergangenen November gekommen. Es sei dabei mehrmals "klar kommuniziert" worden, dass es keine bundesweite Plattform für Impfbefreiungen geben wird. (Gabriele Scherndl, 8.2.2022)