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Foto: Reuters/Scanfoto-Tor Richardsen

Um acht Uhr im Büro gewesen, aber erst um neun den Computer angeworfen? Chefs, die mit PC-Protokolldaten die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter überprüfen, müssen umdenken. Die Datenschutzkommission hat die "Stechuhrfunktion" in einer am Montag bekannt gewordenen Grundsatzentscheidung als rechtswidrig erkannt. Aufgezeichnete Ein- und Ausschaltzeiten müssen auf Verlangen von Betroffenen gelöscht werden.

Finanz

Der Anlassfall stammt aus dem Finanzministerium, erklärt der Datenschutzexperte Hans G. Zeger vom Verein Arge Daten. Im Ressort von Minister Karl-Heinz Grasser müssen sich Mitarbeiter im Computersystem anmelden und händisch Beginn- und Endzeiten eintragen. Für Abwesenheitszeiten – etwa Dienstreisen oder Zuspätkommen – ist eine Begründung einzutragen. Was vielen Mitarbeitern aber nicht bewusst war: Auch der Zeitpunkt der Dateneingabe wird protokolliert und kann von Vorgesetzten eingesehen werden. Damit kann überprüft werden, ob händisch eingegebene und automatisch gespeicherte Zeiten übereinstimmen.

Prinzip Misstrauen

Ein Mitarbeiter, dem das prinzipielle Misstrauen seiner Dienststelle zu viel wurde, legte schließlich mit Unterstützung von Arge Daten Beschwerde bei der Datenschutzkommission ein. Das Finanzministerium argumentierte, dass die Einträge der Mitarbeiter auf "Plausibilität" geprüften werden müssten. Doch die Datenschutzkommission im Bundeskanzleramt wies diese Rechtfertigung im Bescheid GZ K120.951/0009-DSK/2004 zurück. Mitarbeiterkontrolle sei zwar grundsätzlich zulässig, dabei müssten jedoch Persönlichkeitsrechte gewahrt bleiben. Was bei der Aufzeichnung von Eingabezeiten nicht der Fall sei.

Systemabsturz

"Gerade bei einer computergesteuerten Zeiterfassung gibt es eine Fülle von Gründen, warum die Erfassung von der tatsächlichen Arbeitszeit abweichen kann", meint Zeger. Beispiele: Das IT-System kann gerade abgestürzt sein; Mitarbeiter könnten aus arbeitsökonomischen Überlegungen die Zeitdaten über mehrere Tage zusammengefasst eintragen; oder jemand vergisst schlicht auf eine Eintragung.

In den elektronischen Papierkorb

Die Datenschutzkommission hat dem Finanzministerium angeordnet, die Erfassungszeiten in den elektronischen Papierkorb zu verschieben. Sollte dies nicht geschehen, kann die Löschung der Daten auf dem Exekutionsweg erzwungen werden.( Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 19 .April 2005)