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Seit mehr als einem Jahrzehnt streiten sich Wissenschaftler, ob und wie Gewalt in Computerspielen einen Einfluss auf die Spieler ausübt. Die PC- Spielezeitschrift "GameStar" hat erstmals den aktuellen Stand der Forschung zusammengetragen und die verschiedenen Expertenmeinungen gegenüberstellt.

Fazit

Computerspiele allein machen niemanden zum Straftäter. Zwar kann Gewalt in PC-Spielen einen gewissen Effekt auf den Spieler ausüben. Allerdings ist dieser gering und von vielen weiteren Faktoren, wie Persönlichkeitsstruktur oder sozialem Umfeld, abhängig.

Verschiedene Meinungen und Forschungsansätze

Der aktuelle Report von "GameStar" verdeutlicht, dass es viele verschiedene Meinungen und Forschungsansätze aber keine Einigkeit rund um die Gewalttheorie in Computerspielen gibt. Ein Großteil der Befürworter beruft sich auf Ergebnisse aus der Fernsehforschung, die mittlerweile bewiesen haben will, dass Gewalt im Fernsehen messbare Effekte auf das Aggressionsverhalten ausübt.

Langzeitstudien

Allerdings stützt sich die Fernsehforschung auf Ergebnisse aus Langzeitstudien, die es im Computerspiele-Bereich bislang nicht gibt. Christoph Klimmt, Doktor für Medienmanagement am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung Hannover, ist der Auffassung, dass die Herangehensweise der Fernsehforschung für Computerspiele nur teilweise geeignet ist. "Da sind viele Spezifika von Computerspielen noch nicht enthalten", argumentiert der Medienexperte.

Angst ist übertrieben

Auch Marco Ennemoser, Doktor der Psychologie an der Universität Giessen, ist skeptisch. Ennemoser hat für die Universität Würzburg 816 Schüler der Klassen sechs bis acht auf ihr Aggressionsverhalten und deren Fernseh- und Spielekonsum hin untersucht und festgestellt: "Wir konnten in unserer Studie nicht bestätigen, dass von Computerspielen eine größere Gefährdung ausgeht als vom Fernsehen, im Gegenteil." Zwar reagierten die Jungs in der Studie, im Gegensatz zu den Mädchen, eher aggressiv auf Gewalt in Spielen, doch "die Angst vor direkten Auswirkungen von Gewaltmedien ist vollkommen übertrieben."

Fantasie und Realität

Ein weiterer Streitpunkt, an dem sich die Expertenmeinung spaltet, betrifft eine der grundlegendsten Fragen der Medienforschung: Wie stark sind Fantasie und Realität voneinander getrennt? Wie leicht springen Mechanismen vom Monitor in den Alltag – wenn überhaupt – über? "Bislang konnte nicht festgestellt werden, dass virtuelle Gewalt ihre Welt verlassen hätte", erklärt Jürgen Fitz, einer der erfahrensten Videospiel-Forscher in Deutschland.

"Rahmungskompetenz"

Der Experte beruft sich dabei auf einen Aspekt, den die Wissenschaft "Rahmungskompetenz" nennt. Damit ist die Fähigkeit des Menschen gemeint, zwischen der physikalischen Welt und vorgetäuschten Welten zu unterscheiden. Aggression, so das Fazit von Fritz, wird im echten Leben gelernt: "Wer Gewalt real ausübt, hat Gewalt auch real erlebt, erfahren und erduldet."

Selbstkontrolle

Seine Kollegin Ute Ritterfeld, Professorin für Psychologie an der Annenberg-Schule der University of Southern California, vermutet dagegen, dass die rationale Selbstkontrolle bei starker Vertiefung in ein Computerspiel für einige Zeit außer Kraft gesetzt werden könnte. Doch einen endgültigen Beweis hat auch Ritterfeld nicht.

Positive Seiten

Vielmehr gewinnt die Expertin dem Computerspielen durchaus positive Seiten ab und betont die nicht zu leugnenden Lerneffekte: "Das Involviert-Sein in Computerspielen erfordert hochkomplexe Verhaltensweisen. Wir versuchen, das unglaubliche Potenzial der Computerspiele zu nutzen." (red)