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3.500 Nutzer des Filesharingsystems „eDonkey“ wurden identifiziert, sie sollen jeweils bis zu 8.000 Dateien über die Tauschbörse angeboten haben.

APA-FOTO: BARBARA KOCH / TIERGARTEN SCHOENBRUNN

Im Kampf gegen den Tausch von Musiktiteln im Internet ist der Staatsanwaltschaft in Köln nach eigenen Angaben der bisher größte Schlag in Deutschland gelungen. Wie die Ermittler am Dienstag mitteilten, gab es bundesweit 130 Hausdurchsuchungen. Dabei wurden 3500 Verdächtige identifiziert, die jeweils bis zu 8000 Dateien über das Tauschnetzwerk eDonkey angeboten haben sollen. Gegen alle Beschuldigte wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Festnahmen gab es keine.

"Das größte Verfahren"

"Es handelt sich um das größte Verfahren, das jemals in Deutschland gegen illegale Angebote in Internettauschbörsen durchgeführt wurde", sagte der mit den Ermittlungen betraute Staatsanwalt Jürgen Krautkremer. Die Durchsuchungen seien am Dienstag bundesweit zeitgleich gestartet und von der Kreispolizeibehörde im Rhein-Erft-Kreis koordiniert worden. Zahlreiche Computer und andere Beweismittel konnten sichergestellt werden. Vorausgegangen waren monatelange Ermittlungen der Strafverfolger.

Wenig Jugendliche

Überrascht zeigte sich Krautkremer von der Altersstruktur der Betroffenen. Es seien relativ wenige Jugendliche dabei gewesen, sehr viele junge Erwachsene, aber auch ältere Menschen. Regionale Schwerpunkte gab es bei den Durchsuchungen nicht. Die Zahl der Aktionen habe jeweils der Größe der Bundesländer entsprochen, sagte Krautkremer. So habe es beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und Bayern je 19 Durchsuchungen gegeben, im Saarland nur eine.

Eigene Software

Die Ermittler beobachteten zwei Monate lang einen Server im Rhein- Erft-Kreis, über den das Netzwerk verbunden war. Mit einer eigens entwickelten und weltweit einmaligen Software wurden in dieser Zeit 800 000 Datensätze und 14 Gigabyte Log-Dateien gesichert. 40 000 Internetadressen wurden auf diese Weise ermittelt. Viele davon waren nur zeitweise vergeben. Mit Hilfe der Internetprovider konnten nach schließlich 3500 Nutzer namentlich identifiziert werden.

Schadenersatz

Durchsuchungsanträge seien für diejenigen gestellt worden, die im Beobachtungszeitraum 500 und mehr Dateien angeboten hätten. 500 Dateien entsprechen Krautkremer zufolge rund 25 bis 30 Musik-CDs. Die Beschuldigten hätten sich strafbar gemacht, da sie gegen das Urheberrecht verstoßen hätten. Dafür seien Geldstrafen oder auch Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vorgesehen. Zudem müssen die Beschuldigten mit Schadenersatzforderungen der Musikfirmen rechnen. Diese lagen in der Vergangenheit zwischen 4 000 und 15 000 Euro.

Die Ermittler gehen davon aus, dass bei der Auswertung der sichergestellten Dateien in den kommenden Monaten auch illegal heruntergeladene Filme, Software und vermutlich auch kinderpornographische Darstellungen gefunden werden.

Musikindustrie begrüßte das Vorgehen der Kölner Ermittler ausdrücklich

Die Musikindustrie begrüßte das Vorgehen der Kölner Ermittler ausdrücklich und dankte ihnen für die Arbeit. Von einem wichtigen Schritt sprach der Vorsitzende der International Federation of the Phonographic Industries (IFPI), John Kennedy, der eigens nach Köln gekommen war. Die Internetpiraterie habe die gesamte deutsche Musikszene schwer getroffen, was in den vergangenen fünf Jahren zu einem Umsatzverlust von etwa einem Drittel geführt habe.

IFPI beklagt weniger Umsatz

Seit 1999 habe die deutsche Musikindustrie fast 50 Prozent des gesamten Umsatzes eingebüßt, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Landesgruppe der IFPI, Peter Zombik. 1999 habe der Umsatz in Deutschland bei knapp 3 Milliarden Euro gelegen. 2005 seien es noch 1,5 Milliarden Euro gewesen. Die Zahl der Mitarbeiter im engeren Bereich der Musikfirmen sei von 14 000 auf knapp über 9 000 zurückgegangen. "Der Grund hierfür ist in ganz erheblichem Maße, dass wir mit einer Flutwelle von Internetpiraterie überschwemmt worden sind", sagte Zombik.

Es sei schwer, legale Dienste im Markt zu etablieren. 415 Millionen Titel seien 2005 illegal aus Filesharing-Diensten heruntergeladen worden. Auf legale Angebote entfielen im selben Zeitraum nur 20 Millionen Titel.

Österreich

In Österreich wurden bisher im Rahmen der "Aktion scharf" der IFPI etwa 275 Verfahren gegen österreichische Benützer von Internet-Musiktauschbörsen, die urheberrechtlich geschützte Werke zum Upload bereitgestellt hatten, eingeleitet. 150 wurden, größtenteils außergerichtlich, beigelegt (Der WebStandard berichtete).(red)