Um einen Kärntner, so gut er sein mag, kochen zu lassen, muss man nicht unbedingt in der kroatischen Hauptstadt speisen, fand ich. Ich suchte, wie gewohnt, Wirte, möglichst lokale.
"Kurier"-Redakteur Uwe Mauch, verheiratet mit einer Kroatin aus der dortigen Hauptstadt und also auch nicht selten in Zagreb, hat vor kurzem einen unglaublich detailreichen Reiseführer zur City geschrieben. Derart detailliert, dass Mensch bei der Lektüre meint, man kommt mit drei Tagen an Ort und Stelle niemals durch. Sagen wir so: Ich hatte dann doch recht rasch das Wichtigste und ein bisschen nebenher durch. Sehr charmante Stadt. Aber: Drei Tage geben gut Zeit zum Essen.
Feine Frittierfische
Mein Favorit: Mimice. Ein paar Stiegen unter Straßenniveau im Souterrain, einige große Stehtische mit Barhockern, alles andere als schön, aber keineswegs grindig. Gleich am Eingang die Kassa mit der maschingeschriebenen Speisekarte (zweisprachig). Wir nehmen in Unkenntnis der Portionsgrößen zu zweit je einmal Sardinen, Sprotten und Hecht, dazu noch Bohnensalat und ordentlich Weißbrot. Mittags diesmal lieber Mineralwasser, der Hauswein kommt hier laut Mauch übrigens im Plastikbecher.
Ausgabe am langen Tresen mit Blick in die nicht ganz so schöne Küche. Umso schöner deren Ergebnis: Berge köstlicher frittierter Kleinfische. Da macht die Frittierphobie gerne Pause. Der Hecht auch schwer in Ordnung, wenngleich nicht ganz so toll wie mein erster (bewusster) seiner Art beim Varga in Gols am Neusiedlersee (da muss ich endlich wieder hin).
Peter, der Hässliche
Namenstechnisch am Meer, aber gleich ums Eck vom zentralen Jelacic-Platz, das Reiterstandbild des kroatischen Fürsten zeigt mit dem Säbel ungefähr in die richtige Richtung: das Korcula (im namensgebenden Ort gibt es übrigens hervorragendes Olivenöl). In der Ulica Nikola Tesla 17 - einem traurigen serbischen Erfinderschicksal, aber dazu vielleicht ein ander Mal.
Optisch eher rustikal und einfach, akkustisch kroatische Schlager ohne Gnade. Aber die Scampi Busara sensationell, der gegrillte Tintenfisch etwas trocken und nicht unbedingt aufregend, mein Tintenfischsalat vorweg (die Froschschenkel waren leider aus) dafür umso knackiger. Drachenkopf ist aus, also entscheide ich mich auf der Fischpräsentationsplatte für den hässlichsten in der Runde: Petersfisch. Gegrillt. Aus-ge-zeich-net. So extrem weit ist das Meer ja auch hier nicht.
In punkto Hässlichkeit konnte die Konoba Ciho durchaus mithalten. Das Lokal nicht so schlimm (halt viel Fischerdeko), aber die Muscheln (Korotanje Prstaci) schon eher. Andrej, offenkundig versierter wie erfolgreicher Jungjurist und hier geboren, versichert übrigens, dass in dem Fall geschlossene Muscheln kein Problem sind, wenn die Schalen nur leicht zu öffnen sind. Ihr Inhalt in der Konoba Ciho freilich eher kaugummig. Der gebratene Seeteufel auf Rucola entschädigt einigermaßen. Ohne Vorspeise hätten wir die gewaltige Portion wahrscheinlich auch geschafft.
Zum Fleisch
Höchste Zeit für Fleisch. Dafür sind die Balkanstaaten schließlich auch bekannt - man denke an Cevapi und Pleskavica. Mauch sorgt da freundlicherweise für Fortbildung fortgeschrittener Fleischfresser: Wer sich jemals etwa beim wunderbaren Jeitler fragte, was eigentlich so ein Turopoljeschwein ist, dem der Wirt in der Buckligen Welt so charmante Seiten abgewinnt, hier ist die Lösung. Das Turopoljetal liegt in der Nähe Zagrebs (sightseeingmäßig bekannt für seine Holzkirchen), so lese ich in Mauchs Reiseführer, bekannt für seine wilden Ochsen (warum serviert mir die keiner?) und ein "außergewöhnliches Wildschwein". Dumm daran: Weder Tal noch Ochs noch Schwein gingen sich diesmal aus.
Mein Trost: Großartig in Zagreb die fetten Burek zwischendurch, gefüllte Blätterteigtaschen mit Faschiertem, mit Kartoffeln, Frischkäse, ganz egal. Und zwar im Prinzip überall, wo ich ihrer habhaft wurde. Ob kroatische Fastfoodkette, am Standl unterwegs oder netten zentralen Markt.
Umso öder unser Mittagstisch im Kerempuh gleich ums Eck vom Markt: Mein Rindsbraten (vorgestellt als Babyrind) ziemlich zäh, mit dicker, wenig ansprechender Sauce und Gnocchi, die sich auch ganz gut als Füllmaterial für Verpackungen eigneten. Das Fisch-Stew nicht ganz so katastrophal, aber auch keine Offenbarung. Kerempuh ist laut Herrn Mauch der Till Eulenspiegel Kroatiens. Wikipedia entnehme ich: "Ul'n spegel" bedeutete Wisch mir'n Hintern, vulgo Leck mich am Arsch. Bisschen verarscht fühlte ich mich auch beim Essen.
Besser schon der Hrvatski kulturni klub, dessen Betreiber früher in seinem kleineren Lokal von den Reichen, Schönen und Künstlern angeblich nur so gestürmt wurde (reines Reiseführerwissen, zugegeben).
Der Kulturklub im Souterrain des Museums für Kunsthandwerk hat charmant ostblockmäßige Atmosphäre. Das schwarze Tintenfischrisotto knackig, perfekt auf dem Punkt, sehr fein und farblich auf den Zähnen ein lang anhaltendes Souvenir. Das Steak bestellungsgemäß gerade so angebraten, dass das ordentliche Stück unter der gebräunten Hülle roh, aber schon warm, und vor allem wunderbar zart ausfiel. Die gemüsigen Beilagen halt fad, aber was soll's.
Pleskavica galore
Nicht ganz so toll, aber sehr anständig das Steak im Baltazar (die Leber war leider aus). Das Lokal heurigenartig, aber preislich und küchentechnisch etwas gehobener. Dass meine charmante Begleitung als Hauptgang Gorgonzola-Gnocchi wählte, kann ich weder erklären, noch empfand ich Mitleid, dass sie über den Sättigungsgrad stöhnte. Sollen aber hervorragend gewesen sein. Die Wurstplatte vorweg war sehr, sehr anständig, ihr Salat mit Schafkäse auch ok.