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Vier Meter hoch: Der Rieseneinkaufswagen tourt bis Oktober durch Wien

Foto: APA/ BIRGIT ABRAMANI-SANDNER

Wien – Das illegale Mitnehmen von Einkaufswagerln scheint eine Art Volkssport zu sein: Exakt 29.666 "Leihtransporter" sammelten die Mitarbeiter der MA48 im vergangenen Jahr ein, ganz abgesehen von den rund 100.000 Wagen, die jährlich von den Supermarktketten selbst wieder zurückgeholt werden.

Einkaufswagerl-Versenken

Die Spezialdisziplin ist dabei das Einkaufswagerl-Versenken, und zwar in Teichen, Flüssen und Biotopen: Regelmäßig müsse die MA 48 Taucher engagieren, um an berüchtigten Stellen wie dem Wienerberg-Teich oder dem Donaukanal versenkte Wagerln wieder an die Oberfläche zu holen, ärgerte sich MA 48-Chef Josef Thon bei der Präsentation eines riesenhaften Einkaufswagerls, das den Entführern den Garaus machen soll.

Strafbare Handlung

Erste Station machte das vier Meter hohe, von MA-48-Lehrlingen kreierte Monster-Wagerl vor einem Supermarkt auf dem Leberberg in Simmering, von da an tourt es bis Ende Oktober von einem Shopping-Parkplatz zum nächsten, um mit dem Appell "Leihwagerl nicht mitnehmen!" renitente Kunden darüber aufzuklären, dass ebendies genau genommen eine strafbare Handlung darstellt – "dauernde Sachentziehung" heißt sie juristisch.

Einsammeln

Seit April 2006 übernimmt die Abschleppgruppe der MA 48 das Einsammeln von herrenlosen Einkaufswagerln, die, geschlichtet nach Handelsketten, am Abstellplatz in Simmering verwahrt werden, bis sie von den Besitzern abgeholt werden. Bis zu 5000 Wagerln können da schon zusammenkommen.

Teure Bergung

Billig kommt die Bergung und der Transport der Stadt, und damit dem Steuerzahler, nicht. 6,20 Euro kostet die Sache laut interner Kostenrechnung der MA 48, heißt es im Büro von Umweltstadträtin Ullli Sima (SP). Die Supermärkte, die sich ihr Eigentum zurückholen können, müssen deutlich weniger bezahlen: Mit einem Anteil von 3,20 Euro pro Wagerl (die ab 100 Euro kosten) müssen sie nur etwas mehr als die Hälfte der Kosten tragen.

Motivation für Schutz vor Diebstahl Was Kritiker durchaus erbost. Der Tenor: Solange die Ketten ihre Wagerln so günstig zurückholen können, wird ihre Motivation, selbst für einen adäquaten Schutz vor Diebstahl zu sorgen, gering bleiben.

In Simas Büro dementiert man jedoch Überlegungen, den "Abholpreis" für die Handelsunternehmen zu erhöhen. Man sei im besten Einvernehmen mit den Partnern aus der Wirtschaft, betont man stattdessen. Wobei "manche Ketten schon etwas weiter" seien.

Blockiersystem

Gemeint damit: Hofer, wo derzeit mit elektronischen Wegfahrsperren experimentiert wird. Bei diesem System werden Räder des Wagens blockiert, sobald eine definierte Grenze (etwa die Supermarkttür oder die Garagenausfahrt) überrollt wird. Zu Erfahrungen wollte man bei Hofer nichts sagen. Ähnlich schweigsam ist man bei der Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Penny). Weder will man verraten, wie viele Wagen jährlich verschwinden, noch wie viel die Retournierung durch private Unternehmen kostet. Es wäre aber nur ein "kleiner Teil", der vom Sammelplatz der MA 48 geholt wird. Bei Spar hat man verschiedene Systeme gegen den unerwünschten Schwund getestet, zufrieden war man allerdings bisher mit keiner, bedauert man.

Ab Februar wird das Land Wien den Druck auf die privaten Wagerl-Enteigner erhöhen: Mit dem neuen Reinhaltegesetz, das noch im September im Landtag beschlossen werden soll, drohen Geldstrafen zwischen 36 und 1000 Euro. (Karin Krichmayr, Michael Möseneder/ DER STANDARD Printausgabe 6.9.2007)