Philip José Farmer: "Der Flusswelt-Zyklus"
Teil 1-3, "Die Flusswelt der Zeit", "Auf dem Zeitstrom", "Das dunkle Muster", jeweils € 9,20, Piper 2008.
Ein echtes Muss für Genre-Fans ist der "Flusswelt"-Zyklus - wohl das wichtigste Werk aus Philip José Farmers umfangreichem Schaffen; der erste Teil (im Original "To Your Scattered Bodies Go", 1971 erschienen) war seinerzeit mit dem Hugo Award ausgezeichnet worden.
Farmer hat sich nie viel um wissenschaftliche Glaubwürdigkeit gepfiffen und seine ProtagonistInnen viel lieber in exotisch konstruierte Welten geworfen, die ihm jedoch so schnell keiner nachgemacht hat. Hier ist es ein Planet, der ein einziges Flusstal darstellt: Der Fluss windet sich in unzähligen Mäandern über die gesamte Oberfläche, gesäumt von Nahrungsspendern als einzig sichtbarem Bestandteil einer Supertechnik unbekannter Herkunft. An seinen Ufern erwachen plötzlich und zum gleichen Zeitpunkt gerade erst verstorbene Menschen aus allen Epochen der Geschichte wieder zum Leben, verjüngt und quasi unsterblich: Wer zu Tode kommt, erwacht kurz darauf einfach an einem anderen Flussabschnitt von neuem.
Hauptfigur ist der historische Entdecker Sir Richard Francis Burton, ein Protagonist typisch Farmerscher Prägung: umfassend gebildet und zugleich ein Mann der Tat. Mit ihm begibt sich eine gemischte Gruppe realer und fiktiver Persönlichkeiten - darunter Mark Twain, Cyrano de Bergerac, der Urmensch Kazz und der erstaunliche Wandlungen durchmachende Hermann Göring - auf die große Expedition zum Ursprung des Flusses, um Antwort auf die Frage zu finden: Wer versetzt alle Menschen, die jemals gelebt haben, nach ihrem Tod auf die Flusswelt? Und vor allem: warum?
Auch wenn "Flusswelt" eine große Abenteuergeschichte ist, hebt die metaphysische Komponente sie über viele andere Romane Farmers hinaus: Alle Religionen, die die Menschen mit sich auf die Flusswelt bringen, scheitern an der offensichtlichen Existenz eines sehr realen Lebens nach dem Tod, der Begriff "Seele" wird eine völlig neue Bedeutung erhalten, das Dasein des Menschen an sich muss hinterfragt werden.
Zwischen dem Erscheinen von Band 1 und 3 lagen in der Realität fast die gesamten 70er - der gesellschaftliche Wandel, der sich in diesem Zeitraum vollzog, konnte auch an einem alten Hasen wie Farmer nicht vorbeigehen und zeigt sich unter anderem in der Darstellung der Frauenfiguren. Diese ersten drei Bände sind nun im Piper Verlag in einem Rutsch neu herausgegeben worden (der erste Band um die knapp 100-seitige Novelle "Auf dem Fluss" ergänzt), zwei weitere sollen im Spätherbst folgen. Große Empfehlung!