Klima
Bushs "Alternativplan zu Kyoto": Klimaschutz wird von Konjunktur abhängig gemacht
Kritiker: "Affront gegen den Rest der Welt"
Washington - US-Präsident George W. Bush
will in seinem "Alternativplan" zum Klimaschutz-Protokoll von
Kyoto die amerikanischen Regelungen für die Verringerung der
Treibhausgase an die Konjunkturentwicklung koppeln.
Einmütig kritisierten Umwelt-Organisationen wie Greenpeace
und der WWF den Alternativplan als unzureichende Antwort auf den
Klimawandel durch den Treibhauseffekt. "Dies ist ein Valentins-
Geschenk für die Umweltverschmutzer", erklärte der WWF
Deutschland.Wahr gemacht
Bush hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt 2001
angekündigt, eine rein amerikanische Alternative zu der von ihm
abgelehnten internationalen Vereinbarung von Kyoto zur
Verringerung der Treibhausgase vorzulegen. Ein
Kabinettsausschuss zum Thema "Global Warming" bereitete das
"Neue Umweltprogramm für die USA" vor, das Bush noch im Verlauf
des Tages vorstellen wollte.
Nach Mitteilung des Präsidialamts in Washington werden die
Vorgaben für die Reduzierung der Gase, die von Forschern für die
stetige Erwärmung des Weltklimas verantwortlich gemacht werden,
mit dem amerikanischen Wirtschaftswachstum gekoppelt.
US-Unternehmen sollen mit finanziellen Anreizen dazu gebracht
werden, ihren Anteil zur Erfüllung der Vorgaben zu leisten - im
Unterschied zu den strikten und verbindlichen Regelungen des
Klimaschutz-Abkommens von Kyoto.
Verringerung der Schwefeldioxid-Emissionen
Wie aus einer Übersicht des Präsidialamts hervorgeht, sollen
die Schwefeldioxid-Emissionen, die für den "sauren Regen"
verantwortlich sind, von derzeit elf Millionen Tonnen auf 4,5
Millionen Tonnen bis zum Jahr 2010 und auf drei Millionen Tonnen
bis 2018 verringert werden. Die Stickoxide als Verursacher des
Smogs in Großstädten sollen von zurzeit fünf Millionen Tonnen
2008 auf 2,1 Millionen Tonnen und bis 2018 auf 1,7 Millionen
Tonnen zurückgefahren werden. Von Quecksilber, bislang
unreguliert, dürfen demnach 2010 noch 26 Tonnen und 2018 dann
noch 15 Tonnen in die Umwelt entlassen werden. Derzeit sind es
nach Angaben des Präsidialamts 48 Tonnen.
Die Regelungen zu den Treibhausgasen seien in etwa den
Vorgaben von Kyoto vergleichbar, hieß es in Washington. Bush
hatte Kyoto als "Job-Killer" bezeichnet.
Hoffen auf Kooperation der Unternehmen
In den USA soll, statt die Einhaltung von Grenzwerten zu
erzwingen, auf die Kooperation der Unternehmen gesetzt werden.
Im Haushalt 2003 will die Regierung einen um 700 Millionen auf
4,5 Milliarden Dollar erhöhten Betrag für Umweltschutz-
Maßnahmen bereitstellen. Dazu gehört die erste Jahresrate für
ein Fünfjahresprogramm zur steuerlichen Förderung von
alternativen Energien im Gesamtvolumen von 4,6 Milliarden
Dollar.
"Herausforderung zum Gegenteil"
Kritiker machten geltend, Bushs Konzept trage nicht zur
Eindämmung der globalen Klimaveränderungen bei. Die Koppelung
der Umweltmaßnahmen mit der Konjunkturentwicklung sei praktisch
eine Herausforderung zum Gegenteil. Nach Schätzung des Sierra
Clubs dürften die Schadstoff-Emissionen nach dem Bush-Plan bis
2010 um 36 Prozent über den Kyoto-Vorgaben liegen und im Jahr
2020 um 50 Prozent darüber. Sollte die Konjunktur nicht wie
erhofft anspringen, würden die Umweltregelungen dann ebenso ins
Wasser fallen, so der Sierra Club.
Kritisiert wurde auch die Möglichkeit, mit den
Erlaubnis-Vorgaben für die Großunternehmen, mit den Ausstoß-
Mengen gewissermaßen Handel treiben zu dürfen. Aus der Sicht der
Bush-Administration soll damit profitabel gemacht werden,
überhaupt keine Umweltsünden zu begehen.
Eu-Reaktion
In einer ersten Reaktion wurde das Bush-Programm von der
Europäischen Kommission vorsichtig begrüßt. Es sei gut, dass die
US-Regierung begriffen habe, dass etwas in Sachen Klimaschutz
getan werden müsse, erklärte eine EU-Sprecherin in Brüssel.
Allerdings halte man das multilaterale Herangehen noch immer für
den besseren Weg. Die Hoffnung, dass die USA irgendwann zu Kyoto
stoßen würden, werde auch noch nicht aufgegeben, fügte die
Sprecherin hinzu.
"Affront gegen den Rest der Welt"
Greenpeace warf Bush Augenwischerei vor, das Programm zeige
die "Handschrift der Ölindustrie". Eine freiwillige
Selbstverpflichtung der Industrie zum Umweltschutz sei "ein
Widerspruch in sich", kritisierte Klima-Experte Karsten Smid in
Hamburg. Bushs Vorschlag werde den Ausstoß von Treibhausgasen sogar
noch weiter in die Höhe treiben. Einen wirksamen Schutz gegen die globale Erwärmung und die damit verbundenen Klimakatastrophen könne
es nur geben, wenn die USA endlich das Klimaprotokoll von Kyoto
unterzeichneten.
Der World Wildlife Fund (WWF) sprach in Frankfurt von einem
"Affront gegen den Rest der Welt". Die Bush-Regierung falle mit ihrem
Plan noch hinter die Beschlüsse des ersten Umweltgipfels von Rio
zurück, auf dem die internationale Gemeinschaft 1992 den Grundstein
für den Klimaschutz gelegt hatte.(APA/Reuters)