TAG Theater

Schwacher Wille zur Macht

Regisseur Gernot Plass verpflanzt Shakespeares "Richard II." in die Gegenwart: eine Bestandsaufnahme heutiger Machtkrisen.

Foto: TAG / Anna Stöcher
Foto: TAG / Anna Stöcher

Wien - In Krisensituationen können verfestigte Machtkonstellationen plötzlich aufbrechen. Für Gernot Plass und das Ensemble des Theaters an der Gumpendorfer Straße (TAG) ein Grund, sich jetzt mit Macht und Machtverlust auseinanderzusetzen. Mit Richard 2 - Jetzt schaun wir mal, wer gleich noch steht legt Regisseur Plass eine sehr freie Fassung des Shakespeare' schen Königsdramas vor, mit neuer Sprachgebung und einem gegenwartsnahen Anstrich. Da ist von günstigen Krediten, Anleihen, dreckigen Geschäften und dem Staat als Unternehmer die Rede. Die tragikomische Inszenierung setzt auf Verknappung: schnelle, lakonische Dialoge - von den sieben Darstellern in staubigen schwarzen Anzügen, weißen Hemden und schwarzen Krawatten eindrucksvoll und pointiert umgesetzt (Tarantinos Reservoir Dogs lassen grüßen). Die Bühne, ein beinahe leerer, düsterer Raum, ist spärlich mit verdreckten Plastikvorhängen, Holzsesseln und einer Stehleiter bestückt. Gottfried Neuner spielt grandios den Richard, einen exaltierten Machtmenschen, der zwar zum König geboren, ob seiner Eitelkeit zum Herrschen aber unbegabt ist. Heinrich (Julian Loidl) tritt dem verhassten König als nervöser Bittsteller gegenüber. Die Gefolgsleute Richards und des Usurpators Heinrich (jeweils Maya Henselek, Agnieszka Wellenger, Jens Claßen, Horst Heiß) sind ein Häufchen Jasager. Georg Schubert gibt überzeugend einen zerrissenen Herzog von York. Starke Schauspieler, präzise in Szene gesetzt. (Benjamin Koffu, DER STANDARD/Printausgabe 20.4.2010)