FS Misik Folge 539

Der Zerfall der Demokratie

Hellsichtige und alarmierende Studien zur Erosion der demokratischen Rechtsstaaten

DER STANDARD

FS Misik Folge 539 - Der Bericht zum Video auf: derStandard.at

DER STANDARD
  1. Forscher des Berliner "Progressiven Zentrums" haben mit französischen Kollegen eine Tiefenstudie in Vierteln gemacht, in denen die AfD beziehungsweise der Front National stark sind. Das Resume : Die Menschen fühlen sich als politisch Verlassene. Dass sich für sie überhaupt niemand mehr interessiert. Dass die Netzwerke in den Vierteln zerreißen, die Infrastruktur nicht mehr funktioniert. "Es herrscht ein Gefühl des Verlassenseins. Ein Gefühl, vom Staat im Stich gelassen worden zu sein." Die Studie stellt auch fest, dass zentrale Narrative der Populisten weitaus weniger stark verfangen als angenommen. "Wenn die Leute politische Zusammenhänge mit eigenen Worten schildern, spielen Islamisierung, Europaskepsis, pauschale Medienkritik oder die Betonung der nationalen Identität kaum eine Rolle." Im Gegenteil: "Zum Beispiel wird Europa mehr als Teil der Lösung denn als Problem gesehen."
  2. Das bestätigt einiges an den Thesen des deutsch-polnischen Harvard-Wissenschaftlers Yascha Mounk, der mit "Der Zerfall der Demokratie" das Sachbuch der Saison geliefert hat. Es gibt nicht nur einen Vertrauensverlust, sondern nicht zuletzt auch einen Zutrauensverlust gegenüber der "gewohnten" Politik. Der traut man einfach nichts mehr zu.
  3. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die vergangene Woche veröffentlicht wurde, bestätigt das: Autokratien sind im Aufwind, und die Demokratien sind von einem inneren Zutrauensschwund befallen. "Die Abkehr von der Demokratie hat begonnen. "All das kann man als alarmierende Befunde ansehen. Aber man kann die Analysen auch als Leitfaden lesen und als Hilfe, um zu begreifen, was genau die Ursachen der Erosion der Demokratie sind. (Robert Misik, 25.3.2018)