Inland Rechtsextremismus

Urteil: Zwei Unsterblich-Fans und zwei Gewerkschafter verurteilt

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Hooligans hatten das "Ernst-Kirchweger-Haus" in Wien-Favoriten angegriffen und waren dann verfolgt worden


Wien - Am Montag wurden die Urteile im sogenannten "Unsterblich-Prozess" gesprochen. Zwei der sieben mutmaßlich rechtsradikalen Hooligans sowie zwei kommunistische Gewerkschafter wurden dabei zu bedingten Haftstrafen verurteilt.

Beim Prozess ging es um einen Vorfall am 27. Oktober 2013, dem Tag des 307. Wiener Derbys. Rund drei Dutzend Hooligans hatten am Tag des Spiels versucht, gewaltsam in das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH), einen Treffpunkt linker und migrantischer Vereine, einzudringen, was einzelnen von ihnen auch gelang. Rudolf F., der gerade dabei war, eine im EKH stattfindende Versammlung der kommunistischen Gewerkschaft KOMIntern zu verlassen, wurde von den Angreifern verprügelt und erlitt Kopfverletzungen. Weitere Verletzungen gab es nicht, da einige der Gewerkschafter den Hooligans entgegentraten, sie in die Flucht schlugen und verfolgten, um sie laut eigenen Aussagen "dingfest zu machen" und der Polizei zu übergeben.

Die Polizei nahm daraufhin neun Verdächtige fest, sieben von ihnen waren vorbestraft, zwei davon wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Sie wurden auf freiem Fuß angezeigt. Sieben der neun Verdächtigen wurden danach wegen Hausfriedensbruchs angeklagt, einer, der Zweitangeklagte Claudio P., zusätzlich auch wegen leichter Körperverletzung.

Wegen Körperverletzung angeklagt waren jedoch auch zwei Mitglieder von KOMintern, da sie die Angreifer mit Besenstielen verfolgt hatten. Claudio P. war im Handgemenge verletzt worden und hatte die Gewerkschafter belastet, diese bestritten jedoch, P. tätlich angegriffen zu haben - und mutmaßten, P. habe sich seine Verletzungen beim Angriff aufs EKH zugezogen.

Keine Anklage wegen Wiederbetätigung

Die Staatsanwaltschaft hatte auch wegen Wiederbetätigung ermittelt, da Augenzeugen von "Heil Hitler"- Rufen der Hooligans berichtet hatten. Dieser Vorwurf fand sich jedoch im Strafantrag nicht wieder. "Das ist ein unpolitisches Verfahren", hielt denn auch Richter Michael Tolstiuk am ersten Verhandlungstag fest.

Die nun teilweise Freigesprochenen sind jedoch überwiegend einer rechtsextremen Fangruppierung im Umfeld der Austria zuzuordnen. "Unsterblich" ist ein militanter, als rechtsextrem eingestufter Verein. Er ist in der Vergangenheit immer wieder durch einschlägige Symbole wie die NS-Reichkriegsflagge und den SS-Totenkopf, aber auch durch seine Gewaltbereitschaft aufgefallen und wird deswegen von der Austria nicht als Fanclub anerkannt. Zudem war über mehrere der Angeklagten ein Stadionverbot verhängt worden. Ein Umstand, der auch den Richter stutzig machte: Dass die Fans sich an jenem Tag unweit des EKH versammelten, könne nicht daran liegen, dass sie gemeinsam das Spiel besuchen wollten - sie hatten ja keinen Zutritt. Es sei also anzunehmen, dass sie sich bewusst in der Nähe der Linken aufhielten, um dort "aufzumischen", so Tolstiuk.

Bedingte Haftstrafen

Nachweisbar war die Schuld jedoch nur bei zwei der sieben angeklagten Hooligans. Claudio P. wurde wegen Hausfriedensbruchs und Körperverletzung zu 14 Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt, der Drittangeklagte Stefan S. wegen Hausfriedensbruchs zu zwölf Monaten bedingt. Die Gewerkschafter wurden zu je 12 Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt. Für alle gilt eine Probezeit von drei Jahren. Die Gewerkschafter erbaten sich Bedenkzeit, um zu entscheiden, ob sie die Urteile bekämpfen wollen.

Deren Anwalt Harald Karl äußerte nach dem Urteil sein Unverständnis über die Anklage. Dass die Gewerkschafter Zivilcourage zeigten und Vertreter der rechten Szene der Polizei übergeben wollten, sei "ihnen zum Verhängnis geworden", so Karl. Die Hooligans zeigten sich hingegen zufrieden, sie nahmen die Urteile an. (red, derStandard.at, 20.4.2015)