London – Neuer Tag, neues Chaos rund um den Brexit: Am Donnerstag hat Boris Johnson zu seinen neuen Brexit-Vorschlägen im britischen Parlament Stellung genommen. Der Premier sprach erneut von "konstruktiven Vorschlägen" und einem "Kompromiss".

Am Mittwochnachmittag waren erste offizielle Details aus dem laut Johnson "letzten Angebot" zum Brexit-Deal an die EU öffentlich geworden. In einem Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schrieb der Premier, er wolle die Notfalllösung für die irische Grenzfrage, den sogenannten Backstop, aus dem Austrittsabkommen streichen.

Gleiche Regeln für Waren

Der Vorschlag sieht vor, dass Nordirland gemeinsam mit dem Rest Großbritanniens die Zollunion verlässt. Kontrollen im Warenhandel zwischen Nordirland und Irland – die dann unterschiedlichen Zollregelungen unterworfen wären – sollen aber nicht an der Grenze stattfinden, versichert Johnson. In seinen Vorschlägen ist die Rede von "dezentralisierten" Kontrollen über Onlineformulare und einer "sehr kleinen Anzahl tatsächlicher Kontrollen" auf Firmengeländen und "an anderen Punkten der Lieferkette".

Johnsons Plan sieht vor, dass Nordirland die Vereinbarungen zuerst genehmigen muss und alle vier Jahre darüber abstimmen kann, ob sie weiterhin gelten sollen. Auch das unterscheidet den Vorschlag von der Backstop-Lösung, die eine offene Grenze ohne zeitliches Limit vorgesehen hätte, solange es keine andere Einigung gibt.

Skepsis bei EU und Irland

Der irische Premierminister Leo Varadkar sagte, dass die Vorschläge noch kein vollwertiger Ersatz für den Backstop seien. "Wenn das der finale Vorschlag ist, wird es keinen Deal geben", sagte Irlands Außenminister Simon Coveney.

Auch vonseiten der EU kam am Donnerstag Skepsis: Die EU-Kommission fordert Klarstellungen zum neuen Brexit-Vorschlag. Zu dem Text habe man viele Fragen, sagte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel. "Es gibt problematische Punkte im britischen Vorschlag, und mehr Arbeit ist nötig. Diese Arbeit ist vom Vereinigten Königreich zu leisten und nicht andersherum." Die EU sei bereit, konstruktiv mit der britischen Seite zusammenzuarbeiten, um einen geordneten britischen EU-Austritt zu bewerkstelligen. Nun zähle aber jeder Tag. (maa, Reuters, 3.10.2019)

Parlamentsrede live: Johnson weist vor dem Unterhaus Kritik an Brexit-Plänen zurück