Wien – Am 114. Tag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen, kurz Buwog, wurde am Donnerstag Bruno Ettenauer als Zeuge befragt. Er war im Jahr 2004 Leiter des Immobilienbereichs der Bank Austria (BA) und saß auch im Aufsichtsrat der zur BA-Gruppe gehörenden CA Immo, die im Bieterverfahren für die Bundeswohnungen in der zweiten Runde knapp unterlegen war.

Später wurde Ettenauer Chef der börsennotierten CA Immo Anlagen AG, Ende 2015 legte er diese Funktion zurück. Gewinner im Buwog-Bieterverfahren war das Österreich-Konsortium mit Immofinanz und RLB OÖ, das in der zweiten Runde knapp vor der von der Bank Austria finanzierten CA Immo lag.

Ettenauer schließ Leck aus

In der Befragung durch Richterin Marion Hohenecker betonte Ettenauer, er schließe aus, dass das "Leak", also das Leck, in der Bank Austria oder der CA Immo gewesen sei. Er ärgere sich immer, wenn jemand behaupte, dass die Zahl 960 Millionen Euro aus dem ersten Angebot der CA Immo für die Bundeswohnungen, von der Bank Austria an den Mitbewerber Immofinanz weitergegeben worden sei. Das könne er wegen des Bankgeheimnisses ausschließen und auch deswegen, weil die Zahl 960 Millionen Euro, die die CA Immo als Gesamtinvestitionsvolumen in ihrem ersten Angebot angegeben hatte, ohnehin nicht relevant gewesen sei, auch nicht für das zweite Angebot in der zweiten Bieterrunde.

Ein "Wissensträger" hätte das nämlich verstanden und hätte daher nicht die Zahl 960 Millionen Euro weitergegeben. Denn nach der ersten Runde, wo die CA Immo schon vorne lag, hatte sie für das zweite Angebot einen erhöhten Finanzrahmen der Bank Austria bekommen, nämlich knapp über eine Milliarde Euro. Dadurch ergab sich dann der zweite Anbotspreis der CA Immo für die Bundeswohnungen in Höhe von 960 Millionen Euro. Dass dieser Betrag ident war mit dem Gesamtinvestitionsvolumen aus dem ersten Angebot, sei ein "Zufall" gewesen, so der Zeuge.

Nur ein Fehler

"Ich halte das für eine bodenlose Frechheit", kommentierte Ettenauer andere Aussagen, wonach es bei der BA ein Leck gegeben habe. Er könne das ausschließen. Man habe nur einen einzigen "Fehler" gemacht, nämlich in der ersten Runde das Gesamtinvestitionsvolumen überhaupt in das schriftliche Angebot aufzunehmen, aber nur weil man sich auf die Vertraulichkeit des Bieterprozesses verlassen habe.

Frühere Behauptungen des ehemaligen Immofinanz-Chefs Eduard Zehetner, dass einige Involvierte wussten, wie viel Geld die CA Immo im Buwog-Bieterverfahren zur Verfügung hatte, bezeichnete Ettenauer am Donnerstag im Zeugenstand als "eigentlich frech". Zehetner habe mit diesen Aussagen wohl die Immofinanz schützen wollen. Dass er der Bank Austria den Bruch des Bankgeheimnisses unterstelle, sei "bedenklich", so Ettenauer.

960 Millionen im Mai 2004

Norbert Wess, Anwalt des Erstangeklagten Karl-Heinz Grasser, konfrontierte den Zeugen dann mit einem Antrag an den CA-Immo-Aufsichtsrat für ein Sitzung am 26. Mai 2004, der hier erstmals thematisiert werde und aus dem hervorgehe, dass bereits an diesem Tag ein maximaler Gesamtkaufpreis von 960 Mio. Euro festgehalten worden sei. Auf die Frage von Wess, ob das so gewesen sei, sagte der Zeuge, "spieltechnisch können Sie die 960 Mio. hier nennen, was offensichtlich Ihr Ziel ist, aber Faktum ist, dass das keine Genehmigung bekommen hat". Der Anwalt "konstruiere" da eine Zahl.

Wess hielt fest, dass das Protokoll dieser Aufsichtsratssitzung nicht im Akt liege und betonte auch nach der Verhandlung, dass Ettenauer die Teilnehmer dieser Sitzung nicht habe nennen können. Auf die Frage im Gerichtssaal, wer diesen Antrag geschrieben haben könnte, meinte der Zeuge, das könne auch der Vorstand selbst getan haben. Die Gesellschaft habe damals nur 15 Mitarbeiter gehabt und auch er habe später als Vorstand mitunter Anträge geschrieben.

Drei Hüte oder einer?

Zuvor hatte Grassers Anwalt argumentiert, dass der Zeuge damals, 2004, "drei Hüte" aufgehabt habe: als Manager in der zweiten Führungsebene der BA, als Aufsichtsratsmitglied der CA Immo und als einer, der der CA IB zugearbeitet habe, der BA-eigenen Investmentbank. Ettenauer verneinte, er sei ausschließlich als CA-Immo-Aufsichtsrat aufgetreten und habe daher nur einen Hut getragen.

Die Befragung Ettenauers endete abrupt, als die Richterin die Verhandlung wegen eines "unvorgesehenen Vorfalls" beendete. Ettenauer wird noch einmal geladen, ebenso der frühere Immofinanzchef Zehetner. Am 23. Oktober geht die Verhandlung weiter. (APA, gra, 10.10.2019)

Das Rätsel der 960 Buwog-Millionen: Zeuge schließt Leck aus