Das Votum war nach den Worten von Premier Boris Johnson "ziemlich knapp" (pretty close), aber in allgemeinerer Lesart doch recht deutlich: Mit 322 zu 306 Stimmen ging am Samstag kurz vor 16 Uhr MESZ der Antrag des Abgeordneten Oliver Letwin durch, der als "Versicherungspolizze" gesehen wird, damit Johnsons Brexit-Deal in letzter Minute nicht "abgeschossen" werden kann.

Das angenommene Amendment sieht vor, dass das Unterhaus die Zustimmung zum Abkommen auf jenen Zeitpunkt vertagt, an dem das tatsächliche Austrittsgesetz ratifiziert wird. Das wird nun – wie Johnson bereits erklärte – "kommende Woche" passieren, am ehesten am Dienstag. Das Letwin-Amendment versucht ein Schlupfloch des "Benn Act" zu schließen, der ja vorgesehen hätte, dass der Premier nur um eine Verlängerung bei der EU ansuchen muss, wenn im Unterhaus bis 19. Oktober keine Mehrheit für einen Deal oder einen No-Deal-Brexit vorliegt.

Johnson muss laut Benn-Gesetz nun in jedem Fall bis zum Ende des Tages eine Vertagung des Brexits bei der EU beantragen. Er dürfte diesen Antrag aber wieder zurückziehen, sobald das eigentliche Gesetz beschlossen ist.

Johnson will Abschluss

"Ich hoffe, das ist der Moment, an dem wir endlich eine Lösung erreichen", hatte Johnson am Samstagvormittag zum Auftakt der Debatte gesagt. Der Vertrag mit der EU sei der bestmögliche Weg. In der EU gebe es wenig Lust auf weitere Verschiebungen, sagte Johnson in seiner Rede. Oppositionschef Jeremy Corbyn hat in seiner Antwort das Brexit-Abkommen abgelehnt. Er warf Johnson vor, zu lügen. Der Regierungschef habe das Abkommen nachverhandelt und "es sogar noch schlechter gemacht", sagte der Labour-Chef am Samstag. Er bemängelt das Wegfallen von Arbeits- und Umweltstandards.

Hunderttausende bei Demo

Unterdessen versammelten sich hunderttausende Demonstranten zu einem Anti-Brexit-Protestmarsch durch London. EU-freundliche Politiker wie Londons Bürgermeister Sadiq Khan (Labour-Partei) sprachen ebenfalls auf der Kundgebung in der Nähe des Parlaments.

Die Demonstranten sollen "laut und deutlich der Regierung und den Abgeordneten die Botschaft übermitteln, dass das Volk nicht (Premierminister) Boris Johnson trauen soll", so die Veranstalter. DER STANDARD berichtet den ganzen Tag über live. (red, 19.10.2019)

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