Washington – Phase zwei bei den Vorermittlungen zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump: Am Mittwoch haben die ersten öffentlichen Anhörungen im Ukraine-Skandal begonnen. Das von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus befragt Zeuginnen und Zeugen vor der Weltöffentlichkeit und lässt Personen vorsprechen, die bisher nur hinter verschlossenen Türen ihre Versionen der Vorwürfe gegen Trump dargelegt hatten.

Seit Mitte Oktober ermittelt der Geheimdienstausschuss des "House" unter der Leitung des Demokraten Adam Schiff in Sachen Impeachment gegen Trump. Dem wird vorgeworfen, US-Militärhilfe in Höhe von 391 Millionen Dollar für die Ukraine zurückgehalten zu haben, um die dortigen Machthaber unter Druck zu setzen und gegen einen politischen Gegenspieler zu ermitteln. Konkret sollte die Ukraine Korruptionsvorwürfen gegen Hunter Biden, Sohn des US-Präsidentschaftsanwärters für 2020, Joe Biden, nachgehen.

Trump bestreitet, irgendetwas falsch gemacht zu haben. Seine Gegner sehen in den öffentlichen Anhörungen allerdings bereits den Anfang vom Ende des US-Präsidenten. Denn auch 1973 begann der Niedergang des damaligen Präsidenten Richard Nixon mit wochenlangen Anhörungen vor Millionenpublikum im Fernsehen. Nur sein Rücktritt ein Jahr später kam einer Amtsenthebung zuvor.

Deutliche Vorwürfe gegen Trump

Derzeit, Mittwochabend (MEZ), sagen US-Geschäftsträger in Kiew, William (Bill) Taylor, und auch der Vizeabteilungsleiter im Außenministerium, George Kent als erste Zeuge vor dem mächtigen Geheimdienstausschuss aus. Taylor hat Trump bereits im Oktober unter Druck gesetzt, indem er den Vorwurf, der Präsident habe sein Amt missbraucht, stützte. Seine Aussage konnte das House vor einer Woche nachträglich veröffentlichen. Auch Kent hatte sich bereits in seiner Aussage im Oktober "alarmiert" über Bemühungen von Trumps Anwalt Rudy Giuliani gezeigt. Dieser soll die Ukraine gedrängt haben, auf Forderungen Trumps einzugehen.

Am Freitag ist dann Marie "Marsha" Yovanovitch, Ex-Ukraine-Beauftragte (und Taylors Vorgängerin), geladen. Sie legte im Oktober dar, von ihrem Posten verdrängt worden zu sein, weil ihre Antikorruptionsbemühungen nicht zu Trumps Interessen in der Ukraine gepasst hätten. Ihre Aussagen würden außerdem auf einen "irregulären Backchannel" hindeuten, der die US-Außenpolitik im Sinne von Trumps Interessen "verseuchen" würde – so der Ausschuss in einer Pressemitteilung.

Der STANDARD begleitet die Anhörungen im Geheimdienstausschuss im Liveticker.

Übrigens: Nach den Anhörungen vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses kann dessen Justizausschuss eine Art Anklage gegen Trump formulieren. Diese soll voraussichtlich noch vor dem Jahreswechsel beschlossen werden. Das anschließende Amtsenthebungsverfahren – wohl ab Frühjahr 2020 – findet dann aber im Senat statt. Und dabei schauen die Machtverhältnisse ganz anders aus: Dort haben nämlich Trumps Republikaner das Sagen.

Der Standard berichtet live. (red, 13.11.2019)

Anhörung zu Trump-Impeachment: Diplomaten berichten über "irreguläre Kanäle"