Wirtschaft

Novomatic-Geldflüsse an Sobotka nahestehende Institute

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Ermittlungsakten zeigen deutlich höhere Geldflüsse als bislang bekannt – Sobotka verließ U-Ausschuss


Wie eng ist die Beziehung zwischen der Novomatic, also einem der zentralen Akteure im U-Ausschuss, und dem Alois-Mock-Institut, das vom U-Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) gegründet worden ist? Das wollte auch Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wissen, als Sobotka am 5. September als Auskunftsperson geladen war. Der replizierte dann, dass man im Untersuchungszeitraum 2017 bis 2019 für Inserate im hauseigenen "Mock-Report" Geld erhalten habe, nämlich "zwei Inserate, jeweils zu 2.000 Euro im Jahr 2017 – ein Inserat, also dann zwei, somit waren es 4.000 – und in den Jahren 2018 und 2019 2.500".

Außerdem sei es "Thema der Kooperation" gewesen, dass das Institut bei Veranstaltungen mit der Novomatic nichts für Raummiete und Bewirtung zahle. Ermittlungsakten, die am Mittwoch aufgetaucht sind, zeigen, dass Sobotka unvollständig und möglicherweise irreführend ausgesagt hat. So wurden 8.000 Euro für "Miete etc." und 17.000 Euro für "Catering" von der Novomatic überwiesen.

"Kostenersatz"

Noch bedeutender sind die Jahre davor, die nicht in den Untersuchungszeitraum fallen: In den Jahren 2013 bis 2015 erhielt das Mock-Institut insgesamt 60.000 Euro unter dem Überbegriff "Kostenersatz". Als SPÖ und Neos diese Ermittlungsergebnisse im U-Ausschuss zur Sprache brachten, war Sobotka schon weg: Er hatte den Vorsitz am Nachmittag an seinen ÖVP-Kollegen Andreas Hanger übergeben.

Durch die Opposition hagelte es jedenfalls erneut Rücktrittsforderungen. Ein Festhalten Sobotkas am U-Ausschuss-Vorsitz sei unter diesen Bedingungen nicht zumutbar, sagten etwa Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper und SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer. Das Büro Sobotka sagte dazu: "Der Präsident hat im Untersuchungsausschuss korrekt geantwortet." Für jede Leistung sei eine Gegenleistung erbracht worden. Wolfgang Gerstl (ÖVP) sprach davon, dass die Neos "den nächsten Skandal sehen, wo keiner ist".

Im Laufe der Befragung kam allerdings noch zur Sprache, dass die Novomatic auch das Kammerorchester Waidhofen sponsert, das Sobotka öfter dirigiert. Außerdem übernahm der Konzern laut internen E-Mails das Honorar eines Vortragenden beim NÖAAB.

Die SPÖ-Tangente

Es war nicht die erste Aufregung des Tages. Dementiert und nicht kommentiert wurde an diesem Mittwoch insgesamt sehr viel. So wollte der einstige SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda nichts dazu sagen, dass ihm laut einem Zeugen das Ibiza-Video vor dessen Veröffentlichung angeboten wurde.

Aus "Respekt vor dem Parlamentarismus" wolle sich Drozda erst bei seinem Auftritt im U-Ausschuss – passenderweise nach der Wien-Wahl – äußern. Gerüchte über ein Angebot an die SPÖ gab es immer wieder, eine Tangente der Ibiza-Ermittlungen beschäftigte sich auch damit, inklusive Observationen und Razzien.

Dementiert wurde außerdem, dass sich Novomatic-Gründer Johann Graf mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) getroffen habe. Dass ein solcher Termin zumindest geplant war, legen bisher unbekannte Chats zwischen Finanzminister Gernot Blümel, damals türkiser Regierungskoordinator, und Ex-Novomatic-Manager Harald Neumann nahe. Die beiden standen in regem Austausch, zogen sich offenbar bei größeren Events zu zweit zurück ("das Schloss ist ja groß genug!") oder trafen sich im Novomatic-Forum, denn da "hört wenigstens niemand zu! Kann Fisch bestellen".

Das System Novomatic

Die Aufregung abseits der eigentlichen Befragung ließ den Auftritt des ehemaligen Rapid-Torhüters Peter Barthold untergehen. Nach seiner Fußballerkarriere wurde er Geschäftspartner von Novomatic: Barthold betrieb Lokale, in denen Automaten der Novomatic standen. Nach dem Verbot des sogenannten kleinen Glücksspiels in Wien zerstritt er sich mit der Novomatic, es folgte ein langwieriger Rechtsstreit. Barthold wollte das System Novomatic beschreiben, wurde dabei aber immer wieder unterbrochen. Er gab an, in den vergangenen Tagen aus dem Umfeld von Novomatic kontaktiert worden zu sein. Die Novomatic dementierte das.

Nach Barthold erschien Novomatic-Aufsichtsratschef Bernd Oswald, dessen Ehefrau Tina Liebich-Oswald – die Großnichte des Firmengründers Graf – einst bei Sobotka und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gearbeitet hatte. Oswald lieferte eine wahre Entschlagungsorgie und beantwortete nur wenige Fragen. (Fabian Schmid, Renate Graber, 30.9.2020)