Weniger als zwei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl trafen die beiden Kandidaten noch einmal live im Fernsehen aufeinander: In der Nacht auf Freitag fand in Nashville im Bundesstaat Tennessee das letzte TV-Duell zwischen Amtsinhaber Donald Trump und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden statt, das wesentlich ruhiger ablief als das Zusammentreffen Ende September.

Zunächst warf Biden US-Präsident Donald Trump seinen Umgang in der Coronavirus-Krise vor. "Wer für so viele Tote verantwortlich ist, sollte nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben". Biden warf Trump vor, die Verantwortung für die rasche Verbreitung des Virus nicht zu übernehmen. Trump entgegnete: "Ich übernehme die volle Verantwortung. Es ist nicht meine Schuld, dass es herkam, es ist Chinas Schuld."

Er verteidigte seine Politik und sagte, das Schlimmste sei überstanden – obwohl die Zahl der Hospitalisierungen und Toten zuletzt gestiegen war. Es habe Prognosen mit mehr als zwei Millionen Toten gegeben – was stimmt, sich allerdings auf Szenarien bezog, wenn die Regierung gar keine Maßnahmen setzt. Trump selbst hat zudem selbst immer 100.000 oder 200.000 Tote als Schreckensszenario genannt: Jene Werte, der mittlerweile schon erreicht und überschritten sind. Trump wiederholte auch, dass eine Impfung in wenigen Wochen "bereit" sei, obwohl ihm seine eigenen Experten dahingehend widersprechen. Diese sei zwar womöglich am Markt, aber gewiss nicht in ausreichender Zahl vorhanden.

Hitler-Vergleich

Zu Nordkorea sagte Trump: "Wissen Sie was? Nordkorea, wir befinden uns nicht im Krieg. Wir haben ein gutes Verhältnis." Daraufhin entgegnete Biden: "Wir hatten ein gutes Verhältnis zu Hitler, bevor er in Europa einmarschierte." Trump versuchte mehrfach, die Affäre rund um Bidens Sohn Hunter hochzukochen und stellte den Ex-Vizepräsidenten als korrupten Politiker hin. Biden betonte, er habe "keinen Penny" von einer ausländischen Quelle genommen. Seinerseits griff er Trump an, der seine Steuererklärung noch immer nicht veröffentlicht habe und ein geheimes Konto in China besitze.

Trump kündigte an, statt der Gesundheitsversicherung Obamacare "eine wunderschöne neue Gesundheitsversorgung" einzuführen, die auch die Zustimmung im Kongress finden werde. Biden warf er vor eine "sozialistische Medizin" anzustreben und dahingehend "liberaler als Bernie Sanders" zu sein. Biden stritt ab, dass sein System etwas mit Sozialismus zu tun habe oder den Plänen von anderen progressiveren Demokraten wie Sanders. Mit Blick auf die Vorwahlen in der eigenen Partei sagte Biden: "Ich habe diese Leute geschlagen, weil ich anderer Meinung als sie war."

"Dieser Abraham Lincoln" ist Rassist

Beim Thema Rassismus warf Trump Biden erneut vor, vor allem schwarzen Männern mit der Strarechtsfreform der 1990er geschadet zu haben. Trump hingegen behauptete von sich "die am wenigsten rassistische Person im Raum" zu sein und "mehr für die afroamerikanische Bevölkerung als jeder andere Präsident seit Abraham Lincoln" getan zu haben. "Dieser Abraham Lincoln hier ist einer der rassistischsten Präsidenten die wir je hatten", entgegnete Biden.

Zum Thema Klimawandel trafen ebenfalls zwei sehr unterschiedliche Ansichten aufeinander. Trump lobte die saubere Luft und das saubere Wasser in den USA unter seine Führung. Biden nannte die Erderwärmung eine existenzielle Bedrohung, für deren Bekämpfung es womöglich zu spät sei, würde Trump wiedergewählt. Auf Trump Vorwürfe, der Kampf um das Klima werde sehr viele Jobs kosten, entgegnete Biden, es würden im Gegenteil viele geschaffen. Einen schrittweisen Ausstieg aus der Ölindustrie kündigte der Demokrat dann ebenso an – was er womöglich nicht so direkt hätte sagen wollen, und was Trump für weitere Warnungen vor Jobverlusten nutzte.

Weniger Unterbrechungen

Im Vergleich zum ersten TV-Duell Ende September lief die Diskussion ruhiger ab. Bei dem ersten TV-Duell zwischen dem Republikaner Trump und dem Demokraten Biden war es hoch hergegangen. Die teils chaotische Debatte war geprägt von Beleidigungen und persönlichen Angriffen. Trump war Biden ständig ins Wort gefallen. Um ständige Unterbrechungen durch den Gegner zu vermeiden, wurde nun zu Beginn jedes 15-minütigen Themenblocks ein Stummschaltfunktion für zwei Minuten eingeführt.

Ursprünglich waren drei TV-Duelle zwischen Trump und Biden geplant gewesen. Das zweite wurde jedoch abgesagt: Die Kommission hatte wegen Trumps Covid-19-Erkrankung das Format geändert und wollte die Kandidaten anstatt einer persönlichen Begegnung online zusammenschalten. Trump lehnte das jedoch ab.

Drei repräsentative Umfragen sahen kurz nach Ende der Debatte Biden leicht voran. Eine Erhebung von CNN sah ihn mit 53 zu 39 als Sieger, eine der demokratennahen Organisation Data for Progress mit 52 zu 41. US Politics Polls kam auf 52 zu 39. (maa, red, 22.10.2020)

Nachlese: Biden und Trump ringen in ruhigerer Debatte um die Mitte