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Doskozil sieht Bankenaufsicht auf Kindergartenniveau und will Geld

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Burgenlands Landeshauptmann kritisiert FMA, Notenbank und Wirtschaftsprüfer. FMA-Vorstand Ettl weist das zurück und nennt die Bank eine Art kriminelle Organisation


Der Untersuchungsausschuss des burgenländischen Landtags zum Zusammenbruch der Commerzialbank Mattersburg ist am Donnerstag weitergegangen. Mit interessanten Auskunftspersonen: Eine Ex-Mitarbeiterin sagte am Vormittag aus, nach ihr Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Danach werden das Vorstandsmitglied der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), Helmut Ettl, und die frühere Bankmanagerin K. Rede und Antwort stehen. K. war bereits einmal kurz vorgeladen gewesen, diesmal wird sie wohl größtenteils unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit aussagen.

Doskozil ging bei seiner Befragung gleich in die Offensive. Er kritisierte die Behörden massiv. Zwar sei die Commerzialbank ein einzigartiger Kriminalfall, aber was ihn massiv störe, sei "die Unfähigkeit" der zuständigen Behörden wie FMA, Nationalbank und der Wirtschaftsprüfer und des Aufsichtsrats. Sie alle hätten auf die "offensichtlichen Offensichtlichkeiten" nicht reagiert. Sie hätten auf Kindergartenniveau versagt, auf dem sich die Affäre abgespielt habe.

Keine Informationen geleakt

Was die Verantwortung des Landes, etwa bei der Revision der Genossenschaft, der die Commerzialbank gehört, betrifft, wies Doskozil alle Vorwürfe zurück. Er selbst habe auch erst am 14. Juli von bevorstehenden Problemen mit einer Bank erfahren, kurz nach 14 Uhr habe er von einer Gruppenleiterin des Amts der Landesregierung eine SMS dazu erhalten. Sie hatte ihr Amt übrigens erst im Februar angetreten, früher war die gebürtige Burgenländerin bei der Notenbank beschäftigt, zuletzt war sie im Ausland.

Erst nach 18 Uhr habe Doskozil von FMA-Chef Ettl über die bevorstehende Schließung der Commerzialbank erfahren. Was er in der Zeit dazwischen getan habe, fragte ein ÖVP-Mandatar: Da sei er seinem Job als Landeshauptmann nachgegangen. Informationen habe er nicht weitergegeben, und vom Versuch einer Landesgesellschaft, eine Million abzuziehen, habe er danach erfahren. Seine Befragung durch die ÖVP verlief recht hitzig, die SPÖ verzichtete de facto auf Fragen.

"Nie Geschenke angenommen"

Angesprochen auf die berühmten Geschenklisten der Bank sagte der Landeschef, er habe nie Geschenke angenommen. Zuvor hatte eine Bankmitarbeiterin geschildert, dass allein Bankchef Martin Pucher über die Höhe der Geschenke entschied, da habe es Silberbarren bis zu einem Kilo oder Goldplättchen bis zu 100 Gramm gegeben. Auch Bürgermeister und Vizebürgermeister seien bedacht worden – erlaubt ist das nicht.

FMA-Chef suchte Handynummer Doskozils

Ex-Bankmanagerin K. war zum zweiten Mal da, sagte aber über weite Strecken unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Sie erklärte, dass die Malversationen schon vor ihrem Eintritt in die Bank begonnen hätten, also Ende der 1980er-Jahre. Ob sie nicht Angst gehabt habe, dass die Sache bei einer der zahlreichen Prüfungen durch die Aufsicht auffliege, wurde sie gefragt. Ihre Antwort: "Jede Prüfung war ein Risiko."

Bei der Befragung Ettls ging es um die Rolle der Bankenaufsicht, er sagte, die ganze Bank sei eine Art kriminelle Organisation gewesen. Für die Ermittlungen sei die Staatsanwaltschaft zuständig, nicht die Aufsicht. Doskozils Vorwürfe wies er zurück. Lange ging es um Ettls Kontakte am 14. Juli. Er habe gegen 14 Uhr die Gruppenleiterin angerufen, die er aus der OeNB kenne, und um eine Handynummer Doskozils gebeten. Er habe ihr nicht gesagt, warum, über Inhalte habe er nicht geredet. Und dann habe Doskozil ihn angerufen und nicht umgekehrt.

Die Bank: Ein Rätsel

Am Mittwoch war Hans Peter Rucker, Geschäftsführer der Burgenland-Holding, geladen, er erklärte, dass es bis auf zwei Ausnahmen keine Verbindungen zwischen Holding und Bank gegeben habe. Ihm selbst sei die Commerzialbank "ein Rätsel" gewesen. "Bei anderen Banken hat es Einsparungsmaßnahmen gegeben oder Filialschließungen. Das hat man bei der Commerzialbank nicht bemerkt", betonte er. Warum die Malversationen im Zuge der Prüfungen nicht aufgefallen seien, könne er sich nicht erklären. Denn: "Wenn man Stichproben genommen hätte und die Aktiva kontrolliert hätte, dann hätte das auffallen können."

DER STANDARD berichtet live. (gra, 17.12.2020)