Atlanta – Wird Joe Bidens Regierung ihr Programm umsetzen können – oder bleibt sie vorerst vom Wohlwollen der Republikaner abhängig? Darüber haben die Wählerinnen und Wähler im US-Bundesstaat Georgia am Dienstag entschieden. Um 1 Uhr MEZ haben die Wahllokale geschlossen, seither wird ausgezählt. Mit nur wenigen ausstehenden Stimmen führte der Demokrat Raphael Warnock, sein Parteikollege Jon Ossoff wurde angesichts der demographischen Zusammensetzung der noch fehlenden Stimmen favorisiert.

Warnock meldete sich in der Nacht (Ortszeit) bereits mit einer Rede zu Wort. Er versprach "für alle Menschen in Georgia" arbeiten zu wollen und machte deutlich, dass er sich als Sieger der Wahl sieht. Seine Konkurrentin Kelly Loeffler wollte ihre Niederlage noch nicht eingestehen. Sie sprach von "Zentimeterabständen", die sie von Warnock trennen würden. Für eine Prognose sei es noch zu früh.

Kontrolle des Senats

In Georgia stehen gleich zwei Stichwahlen um die verbleibenden Sitze im US-Senat auf dem Spiel. Gewinnen die Demokraten beide Rennen, würde das Machtverhältnis in der kleineren der beiden Parlamentskammern bei 50 zu 50 liegen. Damit hätten die Demokraten dort de facto die Mehrheit – denn bei Stimmengleichstand entscheidet die Vizepräsidentin, also künftig die Demokratin Kamala Harris, über den Ausgang von Abstimmungen.

Gewinnen hingegen die Republikaner, könnten sie große Teile der Agenda des Weißen Hauses blockieren. Das könnte nicht nur für Gesetzesvorhaben zum Problem werden, sondern auch für Bidens Personalvorstellungen. Denn auch Ministerinnen und Minister müssen vom Senat mit Mehrheit bestätigt werden – ebenso wie Bundesrichterinnen und -richter.

Biden siegte im November knapp

Dass die Demokraten in Georgia überhaupt eine Siegeschance hatten, galt schon als erstaunliche Entwicklung. Seit 1996 hatte der Staat bei keinem einzigen Rennen um ein Bundesamt oder den Gouverneurssitz mehr für einen Kandidaten oder eine Kandidatin der Partei gestimmt. Erst der Kampf zwischen Joe Biden und Donald Trump brach diese Regel wieder: Biden siegte mit einem Vorsprung von 11.779 Stimmen.

Zugleich fanden in dem Bundesstaat aber auch zwei Rennen um die Senatssitze statt. In einem davon, dem regulären, musste Amtsinhaber David Perdue seinen Sitz gegen den 33-jährigen Demokraten Jon Ossoff verteidigen. Im anderen, der "Special Election", trat die Republikanerin Kelly Loeffler gegen den demokratischen Baptistenprediger Raphael Warnock und zahlreiche weitere Kandidaten an. Loeffler war erst Anfang 2020 in den Senat eingezogen, nachdem Gouverneur Brian Kemp sie nach der gesundheitsbedingten Pensionierung von Senator Johnny Isakson für den Posten nominiert hatte. Eine solche Nominierung ist in Georgia möglich, das Amt muss aber bei der ersten möglichen Gelegenheit in einer neuen Wahl ausgeschrieben werden. In beiden Rennen erreichte keiner der Antretenden 50 Prozent, daher ist nun eine Stichwahl nötig. (mesc, 6.1.2021)

Liveticker-Nachlese: Stimmauszählung bei entscheidenden Senatswahlen in Georgia läuft