Wien – Am Dienstag begann die zweite Halbzeit des parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschusses. Die Mandatare arbeiten Spendentätigkeiten, Postenbesetzungen und andere Erscheinungen der türkis-blauen Regierungszeit auf, die nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 öffentlich geworden sind.

Höhepunkt des ersten Befragungstages im neuen Jahr war die Ladung von Kathrin Glock, Ehefrau des Waffenfabrikanten Gaston Glock. Sie hatte sich einer Befragung bisher unter Verweis auf die Corona-Ansteckungsgefahr verweigert – ihr Mann ist 91. Allerdings hatte sie nach ihren Absagen vom Bundesverwaltungsgericht eine Beugestrafe über 2.000 Euro ausgefasst, den Antrag dafür hatten SPÖ und Neos gestellt.

Befragung im Nebenraum

Glock wurde in einem Extraraum des Parlaments abgesondert befragt; begleitet nur von ihrer Vertrauensperson, der Verfahrensanwältin und einem Mitarbeiter der Parlamentsdirektion. Ihre Befragung wurde ins Camineum übertragen, wo der U-Ausschuss ja aus Platz-, besser gesagt: Abstandsgründen tagt.

Ihre Befragung gestaltete sich auch deshalb zum Teil skurril, es waren unter anderem Verständnisschwierigkeiten, die Glocks Aussage speziell machten – aber nicht nur. Das eine Mal sah die Befragte die Fragesteller nicht, dann war sie nicht sicher, ob die noch wach sind (das betraf SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer), dann wiederum waren es Glocks Antworten, die für Aufsehen sorgten. So konnte sie sich nicht erinnern, ob beim karitativen Event von Glock Horses auch andere Regierungspolitker als Strache oder Hofer dabei waren, dass John Travolta da war, das wisse sie aber, so Glock.

Keine Parteispenden

Glock, deren Mann als vermeintlicher Parteispender von Strache im Video genannt wurde, schloss aus, dass Parteispenden geflossen seien, nur Heinz Christian Strache habe einmal schriftlich angefragt. Sie habe sein Schreiben an die Anwälte weitergeleitet.

Zur Bestellung zur Aufsichtsrätin der Austro Control durch den damaligen Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) meinte Glock, dass Hofer sie zwei Monate vor der Bestellung angerufen und gefragt habe. Daraufhin habe sie sich "Bedenkzeit" erbeten und ihre "zeitliche Ressourcen" geprüft, denn sie sei Geschäftsführerin von sieben Gesellschaften. Fernab des Glock-Konzerns führe sie auch ihr eigenes Familienunternehmen. Schließlich habe sie Hofer zugesagt.

Hofer in Tierheim kennengelernt

Hofer habe sie das erste Mal 2016 im Zuge eines Tierheimbesuchs in Villach getroffen, so Glock, die anmerkte: "Villach liegt in Kärnten". Zudem habe es auch Privatbesuche Hofers in Velden gegeben, so "zwei bis dreimal". Bei Privatbesuchen sei er stets alleine gekommen, erklärte Glock auf Nachfrage von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. Auch der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache sei "bei unseren Reitturnieren" zu Gast gewesen, so wie die ehemalige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), erklärte Glock. Sie wies aber darauf hin, dass dabei immer Eintrittsgeld bezahlt worden sei, und dieses sei dann immer für karitative Zwecke gespendet worden. Aus den Medien kenne man nur "die halben Wahrheiten", sie sei aber nun hier, "um aufzuklären", betonte sie.

Immer wieder mokierte sich Glock wegen der Fragen nach ihrer Qualifikation für ihr Mandat in der Austro Control. "Ich lasse mich nicht wie ein Schulmädchen behandeln", meinte sie mehrmals. Immer wieder zählte sie ihre Funktionen in Glock-Konzern auf, immer wieder sagte die 40-Jährige: "Ich bin qualifiziert."

Blümel-Kabinettschef machte Anfang

Den Beginn hatte am Dienstag der Kabinettschef von Finanzminister Gernot Blümel gemacht, Clemens-Wolfgang Niedrist. Er war davor im Justizministerium tätig, wo er zum Kabinettschef von Minister Josef Moser avancierte. Thema seiner Befragung waren u. a. seine Wahrnehmungen, wie die Justiz zu Beginn mit der Causa Ibiza umgegangen ist.

Die Befragung Niedrists gestaltete sich zäh. Etwa konnte er zum Lauf der Ermittlungen nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019 – anders als von den Fraktionen erhofft – nur wenig Erhellendes beitragen. Moser habe ihn damals unmittelbar vor der Sondersendung im ORF angerufen und ihn gebeten, die Ausstrahlung zu verfolgen. Da ihm der Justizminister aber am Telefon mitgeteilt hatte, dass dieser bereits den zuständigen Sektionschef Christian Pilnacek gebeten habe, die strafrechtliche Relevanz zu prüfen, sei er nicht mehr weiter in den Gang der Ermittlungen eingebunden gewesen. Pilnacek habe damals das "entsprechende staatsanwaltschaftliche Prozedere eingeleitet". Dazu, wie das vonstatten gegangen sei, könne er aber nichts weiter sagen, so Niedrist: "Das weiß ich nicht mehr und war auch schlichtweg nicht meine Aufgabe."

Ex-Novomatic-Manager sagte aus

Weisungen Mosers, welche Staatsanwaltschaft bzw. Behörde die Ermittlungen führen soll, gab es keine, an entsprechende Wünsche des Justizministers könne er sich nicht erinnern – ebenso konnte er sich nicht erinnern, dass derartige Wünsche von Vertretern der Volkspartei kamen, erklärte Niedrist, der nach eigenen Angaben seit 15 Jahren in der ÖVP engagiert ist, unter anderem war er Vorsitzender der JVP-Leopoldstadt. Auch zur gesamten Thematik "Soko Tape" und deren Zusammenarbeit mit der WKStA könne er nichts beitragen, da er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Kabinettschef im Justizministerium war. Er sei im Juni aus dem Ministerium ausgeschieden. Dann sei er in der Übergangsregierung ins Kabinett von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gewechselt.

Nach Niedrist kam der frühere Riskmanagement- und Compliance-Chef der Novomatic, Martin S., dran, er war davor Compliance-Chef der ÖBB gewesen. Bei der Novomatic blieb er bis Anfang 2020, damals macht er sich dann selbstständig. Die Novomatic kam durch die Erwähnung von Heinz-Christian Strache ins Spiel, der im Video meinte: "Novomatic zahlt alle." Eine Behauptung, die er danach zurückgenommen hat und die der Gücksspielkonzern seit jeher zurückweist.

Das Mittwochsprogramm

Am Mittwoch tagt der Ausschuss ab 14 Uhr; geladen ist u. a. Markus Braun von der Investmentgesellschaft Sigma. Er hatte Funktionen in FPÖ-Vereinen inne. Sein Schwager und späterer Casinos-Finanzvorstand Peter Sidlo hatte einst für die Sigma gearbeitet. (gra, red, 12.1.2021)

Kathrin Glock im Ibiza-U-Ausschuss: "Nur Strache fragte einmal nach Parteispenden"