Am Dienstagnachmittag ging es im U-Ausschuss um das im Juli 2017 aufgenommene Ibiza-Video, konkret um den Versuch von Anwalt M., es für seinen Mandanten verkaufen. Als Letzter sagte der einstige SPÖ-Kampagnenleiter Johannes V. aus, heute ist er Berater unter anderem der Neos. Er meinte sinngemäß, er habe dem Angebot von Anwalt M., mit dem er in die Volksschule gegangen war und den er 2017 zufällig wiedergetroffen hatte, nicht so viel Bedeutung zugemessen. Er habe am Ende des Kaffeeplausches etwas von belastenden Materialgesprochen, sich an das Thema vorsichtig herangetastet. Auf dem Wiener Parkett und erst recht im Wahlkampf gebe es jede Menge Gerüchte, so V. . "Die Bombe" sei dann erst im Mai 2019 geplatzt, als das Ibiza-Video bekannt wurde.

Zuvor hatte der SPÖ-nahe Werber und Ex-ORF-Stiftungsrat Niko P. ausgesagt. Er schilderte, wie ihm das brisante Material von M. angeboten worden war. "Ich fand es ja ganz spannend und interessant", sagte P. zwar zum Angebot, aber: "Ich wollte nur persönlich nichts damit zu tun haben."

Strache wurde erwähnt

Den Anwalt, der P. das Material angeboten hatte, habe er noch aus seiner Zeit als Praktikant in einer Wiener Anwaltskanzlei Anfang der 2000er-Jahre gekannt, berichtete die Auskunftsperson. Seitdem habe er Jahre lang nichts mehr von diesem gehört, 2018 habe er ihn schließlich via Facebook kontaktiert und ein Treffen in einem Wiener Traditionskaffeehaus arrangiert.

Beim rund halbstündigen Treffen sei es schließlich zum Angebot gekommen, berichtete P. weiter. Dabei sei auch der Name Straches erwähnt worden, das Video hätte eine "siebenstellige" Summe kosten sollen. P. habe schließlich höflich abgesagt, wie er es formulierte, da er sich nicht die Hände habe schmutzig machen wollen. Überrascht über die Existenz des Materials sei er aber nicht gewesen, habe es sich doch um eine bereits vor dem Treffen kursierende "Urban Legend" gehandelt.

Überraschend nicht nur für Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl war, dass die Staatsanwaltschaft gegen die Auskunftsperson ermittelt. Nach der Aussage des ehemaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführers Thomas Drozda im U-Ausschuss wurde eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht, darin wird P. vorgeworfen, in seiner Einvernahme zur Ibiza-Causa nicht "proaktiv" alle Menschen genannt zu haben, denen er vom Ibiza-Video erzählt hat. Erst am Montag sei er dazu von der Staatsanwaltschaft einvernommen worden, berichtete P. den Mandataren.

Postenschacher

Den Anfang hatte am Dienstagvormittag Casinos-Austria-Prokurist Peter E. gemacht. Er wurde zum Thema "Postenschacher" befragt. Das hatte seinen Ausgang ja im teilstaatlichen Glücksspielkonzern genommen, und zwar mit der Bestellung des freiheitlichen Wiener Ex-Gemeinderatsmandatars Peter Sidlo zum Finanzvorstand. Sidlo zog quasi auf einem Ticket von Casinos-Aktionär Novomatic in den Vorstand ein, Vorstandschefin Bettina Glatz-Kremsner (ÖVP) auf einem der staatlichen Öbag und Martin Skopek auf einem der tschechischen Sazka-Group, die inzwischen Mehrheitseigentümerin der Casinos ist.

E., der lang im Finanzministerium tätig war und seit 2007 in der Rechtsabteilung der Casinos Austria (Casag) arbeitet, legte seine Sichtweise dar. Der Erkenntnisgewinn blieb bescheiden, war er doch in die Sidlo-Bestellung nicht wirklich eingebunden, wie er sagte. So sei er bei der maßgeblichen Aufsichtsratssitzung inklusive Hearing der Kandidaten nicht einmal dabei gewesen, und Vorstand oder Aufsichtsrat habe er in dieser Frage nicht beraten. Der damalige Aufsichtsratschef der Casinos Austria, Walter Rothensteiner, habe sich in dieser Frage einer Anwaltskanzlei bedient, DER STANDARD hat oft davon berichtet. Der neue Eigentümer, die Sazka Group, habe von Anfang an kein Hehl daraus gemacht, dass sie die Mehrheit und somit das Sagen im Konzern haben wollte, sagte E. auch.

Ministerium untersagte Sidlo-Bestellung nicht

Er selbst habe die Unterlagen, die man bei Vorstandsbestellungen in Glücksspielkonzernen ans Finanzministerium liefern muss, zusammengetragen und weitergeleitet. Und das Finanzministerium müsse seit 2016/2017 Bestellungen nicht mehr erlauben, sondern (so die Erfordernisse der Manager nicht vorliegen) selbige untersagen. Das habe das Ministerium bei Sidlo nicht getan.

Die Glücksspielnovelle, die im Februar 2018 nach nur wenigen Tagen Begutachtung vom Finanzministerium zurückgezogen worden war, wäre aus Sicht der Casag zu begrüßen gewesen. Die Möglichkeit, per IP-Blocking gegen illegale Online-Anbieter vorzugehen, wäre eine positive und längst überfällige, "von uns gewünschte Geschichte" gewesen. Die Gründe für den Rückzieher seien "nicht fachlicher", sondern "politischer Natur" gewesen, der Entwurf war innerkoalitionär nicht "gespiegelt", also abgestimmt gewesen. Im Ministerium habe man den Rückzieher "höflich" mit "verwaltungstechnischen Gründen" erklärt. "Hätte man sagen sollen: Die Regierung streitet?", fragte E. rhetorisch. (gra, luis, 26.1.2021)

SPÖ bekam das Ibiza-Video zweimal angeboten