Atmosphärische Störungen bei den Ermittlungen zum Ibiza-Video werden diese Woche im parlamentarischen U-Ausschuss analysiert. Zu Wort kommt am Mittwoch etwa der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs, dem eine Korruptionsstaatsanwältin "Störfeuer" vorgeworfen hatte. Mehr Prominenz als Brisanz erwartet sich die Opposition vom ehemaligen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ).

Hintergrund der Ladung des OStA-Chefs ist der Dauerkonflikt seiner Behörde mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Ex-Korruptionsermittlerin Christine Jilek – sie hat inzwischen das Handtuch geworfen und arbeitet als Richterin – hatte sich nicht erst in ihrer Befragung im Ausschuss Anfang Februar darüber beklagt, dass der Zoff auch die Arbeit an mehreren Causen – etwa der Schredderaffäre – erschwert habe. Sie deutete politische Einflussnahme an.

Soko-Chef sagt aus

Passend dazu wurde am Mittwoch auch jener Ex-Kabinettsmitarbeiter K. aus dem Justizministerium befragt, der mit der Übermittlung von Unterlagen das Verfahren gegen Fuchs und Sektionschef Christian Pilnacek bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck ausgelöst hat. Grund dafür ist ein Mailverkehr zwischen den beiden vom Abend des Erscheinens des Ibiza-Videos. Darin schreibt Pilnacek, dass man der WKStA keine aktive Rolle zukommen lassen solle.

Der Hinweisgeber bezeichnete sich nicht als "Whistleblower", auch "mit Mut hat das nichts zu tun". Er habe vielmehr seine Pflichten als Beamter erfüllt. Nach der Übermittlung der Mails an die WKStA habe er einen Anruf erhalten, ob er die Justiz "verlassen will".

Dass der damalige Sektionschef Pilnacek mit Josef Pröll und Walter Rothensteiner zwei prominente Beschuldigte des Casag-Verfahrens im Ministerium empfangen hatte, habe er nicht als "klug und richtig" gefunden, sagte K.: "Und ich hab' das auch im Kabinett geäußert." Wahrnehmungen zu "inkorrekten Informationsflüssen" an oder von Pilnacek habe er keine. Aus dem Akt heraus wisse er aber, dass Pilnacek von der Hausdurchsuchung beim nunmehrigen Öbag-Chef Thomas Schmid im November 2019 "sehr wohl gewusst hat". Der "Herr Sektionschef" habe das vom Leiter der OStA Wien erfahren und dann am Tag der Hausdurchsuchung den damaligen Justizminister darüber informiert.

Im Zusammenhang mit der Drei-Tages-Berichtspflicht habe er ebenfalls keine Wahrnehmungen über "inkorrekte Informationsflüsse". Er könne nur sagen, dass diese von der OStA Wien im Dezember 2018 eingeführt wurde, und es sei "kein Geheimnis", dass diese der OStA ein Anliegen gewesen sei: "Die WKStA war da anderer Ansicht, weil ohnedies alle Zwangsmaßnahmen durch einen Richter genehmigt werden mussten." Auf die Frage, ob Regierungsmitglieder sich zu Strafverfahren erkundigt hätten, meinte K., dass einmal Justizminister Moser ihm berichtet habe, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sich über den Verfahrensstand bei der Causa rund um den Wiener Stadterweiterungsfonds habe informieren lassen.

Zudem berichtete K. davon, dass Moser damals ihm gegenüber einmal davon gesprochen habe, dass die WKStA "zerschlagen" werden solle. Er habe aber nicht nachgefragt, "warum oder wie". Auch habe Moser eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, bei der es unter anderem darum gegangen sein soll, der WKStA Aufgabenbereiche wegzunehmen. Moser bezeichnet die kolportierte Aussage im Gespräch mit dem STANDARD als "absoluten Holler". Die WKStA sei "nie infrage" gestellt worden.

"Immer ans Gesetz gehalten"

Nach ihm kam der Leiter der OStA Wien, Johann Fuchs, dran. Er rechtfertigte sein Handeln und das seiner Behörde im Zusammenhang mit den Ibiza-Ermittlungen. "Wir halten uns streng an das Gesetz", erklärte er. Die von Vertretern der WKStA erhobenen Vorwürfe hätten ihn "nachdenklich gestimmt". Zuvor war mit K. jener ehemalige Kabinettsmitarbeiter im Justizministerium geladen, der ein Verfahren gegen Fuchs und Sektionschef Christian Pilnacek ausgelöst hatte.

Mit einer Aussage zu Ermittlungen bei Ministern und Ministerinnen sorgte Fuchs für Aufhorchen bei den Abgeordneten. So sollte der Justizminister informiert werden, wenn Hausdurchsuchungen Regierungsmitglieder bevorstünden. Sein Handeln sei jedoch "ausschließlich" durch das Gesetz bestimmt und nicht durch opportunistische Überlegungen oder "Netzwerke", meinte Fuchs in seinem Eröffnungsstatement.

So bezeichnete er aus "heutiger Sicht" auch die "gesetzmäßige Strukturierung" der Ermittlungen in einen Strang rund um die Erstellung des Videos, den die Staatsanwaltschaft Wien bearbeitet, und in die Ermittlungen zu Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen durch die WKStA als "gute Entscheidung". Die wiederholt im U-Ausschuss diskutierte E-Mail von Pilnacek, wonach Justizminister Josef Moser der "WKStA keine aktive Rolle zukommen lassen möchte", habe auf den Verfahrensfortgang "keinen Einfluss" gehabt, so Fuchs. Dabei habe es sich auch nicht um eine Weisung "im Sinne des Gesetzes" gehandelt, sondern um eine "interne Diskussion". Daher sei diese auch nicht "veraktet" worden, die dadurch entstandene Aufregung für ihn "vollkommen unverständlich".

Der Leiter der Soko Tape, Holzer, der mittlerweile Chef des Bundeskriminalamts ist, kommt am Mittwoch aus Zeitgründen nicht mehr dran.

Donnerstag ÖVP-Tag

Der Donnerstag gehört wieder der ÖVP, die mit Ladungen von SPÖ-Politikern und -Beratern zeigen will, dass auch diesen das Ibiza-Video zumindest angeboten wurde. Dazu lud die türkise Fraktion auch Ex-Kanzler Kern sowie den einstigen Sprecher von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und einen dem Liberalen Forum nahestehenden Lobbyisten.

DER STANDARD berichtet live seit 10 Uhr. (red, APA, 10.3.2021)

OStA-Wien-Chef wird über Infos zu Ermittlungen an Politik befragt