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Ex-Mitarbeiter im Finanzministerium soll Schmid Tipps gegeben haben

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Die Öbag-Spitze sei nicht auf Thomas Schmid zugeschnitten worden, sagt Bernhard Perner. Ex-Vizekanzler Mittlerlehner gab Einblick ins türkise Spendensammeln


Der Ibiza-Untersuchungsausschuss wagt diese Woche einen Rückblick auf die "alte" ÖVP. Zu Wort kam am Dienstag der ehemalige ÖVP-Obmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Von ihm hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz die Partei übernommen und zur türkisen "Bewegung" umgeformt. Interessant war da im Vorfeld vor allem, ob Mitterlehner vom "Projekt Ballhausplatz" wusste, das Kurz ins Kanzleramt befördern sollte. Abgeordnete der Opposition vermuten, dass sich das "Projekt Ballhausplatz" nicht nur der Kanzlerschaft Kurz' und dem Lukrieren von Spenden im Wahlkampf gewidmet hat, sondern möglicherweise auch den Sturz Mitterlehners als Parteichef im Sinn hatte.

Mitterlehner fragte sich jedenfalls, warum er eigentlich geladen sei, und meinte, er habe weder zu einer allgemeinen Käuflichkeit der türkis-blauen Regierung noch zu Spenden oder Gegenleistungen eine "Wahrnehmung". Seit Mai 2017, also seit seinem Rücktritt, habe er weder die Parteizentrale noch ihre Sektionen betreten. Laptop habe er übrigens auch keinen.

Spendensammlung auf "Roadshows"

Angesprochen auf die Spendenrallyes – auch "Unternehmergespräche" genannt, von denen er auch in seinem Buch schreibt, meinte Mitterlehner, er habe im August 2016 wahrgenommen, dass Unternehmer auf Schloss Reifnitz in Kärnten eingeladen worden seien, da sei es auch um Spenden gegangen. Die Lage für Spender sei eigentlich unangenehm gewesen, sagt er, wegen der Meldepflicht und Rechtsprechung – das Aufkommen sei aber ohnehin eher gering gewesen.

Jedenfalls habe Kurz 2016 eine "Roadshow" gemacht, um Spenden aufzutreiben. Es sei darum gegangen, so Mitterlehner, "ein Biotop der Qualifizierten" aufzubauen, nicht darum, dass jemand gekauft werde. Mitterlehner: "Beweisen Sie einmal jemandem, dass er ein Gesetz kauft. So blöd ist ja in Europa niemand, und auch nicht in anderen Staaten."

2017 sei dann klar gewesen, dass er, Mitterlehner, nicht mehr Spitzenkandidat sein werde, das Spendensammeln sei danach weitergegangen. Unter seiner Obmannschaft seien derartige Events nicht betreut worden, "auch ist bis Juli kein Cent eingegangen", sagte Mitterlehner, also habe das gespendete Geld irgendwo anders verbucht werden müssen. Es sei aber nicht darum gegangen, dass er abmontiert werden sollte, sondern "eher immer um das eine: dass sich jemand positionieren wollte".

Andeutungen zu Hörl

Auf den Seilbahnunternehmer und VP-Mandatar Franz Hörl angesprochen machte Mitterlehner nur eine Andeutung: Es sei interessant gewesen, wer damals auf Nationalratslisten kam. Treffen, Spendenakquirieren, da sei eine Kultur, ein Biotop entstanden, in dem man bei Politikern ein offenes Ohr gefunden habe. Die Bergbahnen sollen gespendet haben, zufälligerweise sei deren Obmann Hörl dann auch wieder auf die Liste gekommen, deutet Mitterlehner Verquickungen an.

Hörl bestreitet die Vorwürfe in einem an den STANDARD übermittelten Statement: "Wer glaubt, dass Mandate käuflich sind, dem müsste ein Blick auf meine politische Vita genügen. Ich musste mir alle meine politischen Mandate erarbeiten und teils erkämpfen. Bei Kollegen Mitterlehner war das durchaus anders."

Dass aber tatsächlich Spenden gegen Gesetze oder Posten getauscht worden sein sollen, sagt Mitterlehner nicht. Von einem System des Quidproquo will der Ex-Vizekanzler nicht sprechen.

Reden und essen für Türkis

Die "neue ÖVP" ist dann am Dienstag gleich nach Mitterlehner am Wort, in der Person von Kurz-Beraterin Antonella Mei-Pochtler. Sie soll maßgeblich in das "Projekt Ballhausplatz" involviert gewesen sein und etwa Abendessen mit Kurz und Wirtschaftstreibenden – darunter Novomatic-Chef Harald Neumann – mitorganisiert haben.

"Ich habe keine Wahrnehmungen zu Spenden", sagte Mei-Pochtler am Dienstag im Ausschuss, die "waren zu keinem Zeitpunkt Gesprächsthema". Auch zu Postenbesetzungen habe sie keine Wahrnehmung. Sie habe von März 2018 einen – unentgeltlichen – Beratungsvertrag mit dem Bundeskanzleramt gehabt, der habe bis zur Auflösung der ersten Kurz-Regierung gedauert.

Am Abend reist der Ausschuss auch noch in die Welt des Glücksspiels: Die dritte Auskunftsperson ist Bernhard Perner. Er war bis April 2019 Kabinettsmitarbeiter im Finanzministerium, bis April 2020 im Management der Staatsholding Öbag tätig und ist heute im Vorstand der Corona-Finanzierungsagentur Cofag. Er dürfte Wahrnehmungen zur Bestellung von Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria haben. Von Perner soll etwa die SMS an Öbag-Chef Thomas Schmid stammen, wonach Sidlo "clean" sei.

Unter anderem ging es auch über die Ausschreibung des Vorstandsposten in der damals neu gegründeten Öbag. Freilich habe er mitbekommen, dass der damalige Generalsekretär Thomas Schmid Interesse hatte. Es wäre "vermessen", zu behaupten, dass sich "Thomas Schmid nicht für den Posten interessiert hat", sagte Perner.

Seines Wissens sei Schmid ja auch damals als Generalsekretär des Finanzministeriums medial kolportiert worden. Dass die Ausschreibung auf Schmid zugeschnitten worden sei, könne er "in seiner Wahrnehmung" nicht bestätigen. Naturgemäß sei es eine Ausschreibung gewesen, "die einen gewissen politischen Erfahrungshintergrund" erwartet hatte. Das sei auch naheliegend in einem staatsnahen Unternehmen, so Perner.

Neos-Mandatarin Stephanie Krisper konfrontierte Perner mit Whatsapp-Chats, in denen dieser Schmid Tipps für die Ausschreibung gegeben haben soll. "Ob diese Textpassage wirklich von mir ist, kann ich nicht erkennen", entgegnete diesere. Die Telefonnummer, der der Text zugeordnet ist, sei aber seine. Krisper: "Dann wird das auch Ihr Text sein", damit sei klar, "dass Sie die Ausschreibung beeinflusst haben mit Thomas Schmid". Perner sagt: "Ich kann mich nicht erinnern."

Ex-Innenminister Kickl sagt aus

Auch am Mittwoch kommt Parteiprominenz, diesmal in Blau: Auf Wunsch der ÖVP ist FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl geladen, einst FPÖ-Generalsekretär und unter Türkis-Blau Innenminister. Vor ihm wird der Ex-Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Niessl (SPÖ), befragt, ebenfalls auf Verlangen der ÖVP, es geht um Glücksspielfragen. Zudem soll David R. aussagen, der vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos auf Neuwahlen gewettet und damit mehrere Hausdurchsuchungen im (roten) Umfeld ausgelöst hatte. (APA, red, 16.3.2021)