Wirtschaft

Beamter der Finanzstrafbehörde im U-Ausschuss: "Sie sprechen mit jemandem von ganz unten"

Liveticker

Am Vormittag kam ein Teamleiter der Finanzstrafbehörde in den Ausschuss. Nach einer Pause ist eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums geladen


Der Ibiza-Untersuchungsausschuss hat am Mittwoch die Schenkungen von Novomatic-Gründer Johann Graf unter die Lupe genommen. Geladen war dazu ein Beamter der Finanzstrafbehörde, der mit der Prüfung der Schenkungen, die von 2009 bis 2020 erfolgten, betraut ist. Anlass sind Ermittlungen der WKStA wegen Verdachts auf Abgabenhinterziehung, die im April vergangenen Jahres begonnen haben.

Der Beamte, der seit 1991 im Finanzdienst ist, erklärte am Mittwoch, dass er quasi als "Kriminalpolizei" für die WKStA fungiere, Herrin des Verfahrens sei aber die Anklagebehörde selbst. Nach wie vor sei das Verfahren in der "Ermittlungsphase". Er könne daher auch keine Einschätzungen abgeben, ob der Vorwurf wahr ist oder nicht. Das wird das Gericht klären, erklärte er. Davor müsse die WKStA entscheiden, ob es überhaupt zur Anklage kommt.

Schenkungen

Insgesamt stehen auf der Liste an die 160 Schenkungen. Diese werden von der Finanz gesammelt und in digitaler Form archiviert. Als die WKStA bei ihm angefragt habe, habe er diese beim Finanzamt ausgehoben und übermittelt. Die Zusammenarbeit mit der WKStA bezeichnete er als "kooperativ".

Einflussnahme von Novomatic-Vertretern oder von Politikern auf das Verfahren habe er keine wahrgenommen. Er habe sich auch nie mit Politikern getroffen. Freilich habe er aber immer wieder Kontakt mit Anwälten der Beschuldigten oder mit den Beschuldigten selbst. Vereine, die aufgrund der Ibiza-Ermittlungen geprüft werden, liegen nicht in seiner Zuständigkeit. Diese werden vom Finanzamt überprüft, dort laufen die Betriebsprüfungen gegen Vereine.

Kritik an Staatsanwalt

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer interessierte etwa, wieso die Finanz jahrelang weggesehen habe, "wenn jemand mehrere Millionen verschenkt hat". Außerdem will Krainer wissen, ob überprüft worden sei, ob das nicht eine Umgehung von Steuern war. Ähnlich Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli: Die Schenkungsliste von Graf sei "keine Privatsache". Die Liste bezeichnete sie als "bemerkenswert", befänden sich darauf doch auch "Organe, Stakeholder und Arbeitnehmer der Novomatic". Auch Tomaselli will wissen, warum das zuständige Finanzamt die Schenkungen lange nicht hinterfragt hat. Bei kleinen Unternehmen wäre das "sehr wohl der Fall" gewesen, zeigte sie sich überzeugt.

Anders sah das ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. Die "Schenkungen von Professor Graf" seien dessen gutes Recht, weil das Geld schon versteuert wurde. Hanger ortete darin "einmal mehr einen Beweis dafür", dass die Opposition permanent versuche, Korruption zu unterstellen.

Hanger übte vor der Befragung zudem Kritik an der Auskunftsperson vom Vortag, Oberstaatsanwalt Matthias Purkart. Er habe nach wie vor "hohes Vertrauen" in den österreichischen Rechtsstaat, aber keines mehr in den "Herrn Purkart", meinte Hanger. Dieser habe "alles und jeden im Justizsystem" kritisiert, vom Bundeskriminalamt über die Soko Tape bis hin zur Oberstaatsanwaltschaft und zum Ministerium. "Da ist eine Grenzüberschreitung passiert."

Zudem stößt sich Hanger an der Prioritätensetzung der WKStA, da die Chats von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) noch immer nicht geliefert wurden. Stattdessen seien Chats an den Ausschuss geliefert worden, die "keine Relevanz" für den Untersuchungsgegenstand hätten.

Störfeuer

Purkart hatte am Vortag von ständigen Störfeuern und Behinderungen bei den Ermittlungen der WKStA berichtet. Darunter auch eine Dienstaufsichtsprüfung im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Diese bestätigte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Mittwoch: "Ja, es hat ein Dienstaufsichtsverfahren gegen die WKStA gegeben. Es hat sich herausgestellt, dass die WKStA korrekt gehandelt hat, daher sind dienstrechtliche Konsequenzen vom Tisch", sagte sie im Ö1-"Morgenjournal".

Die Befragung am Mittwoch geht mit einer programmierten Unterbrechung über die Bühne. Geschuldet ist diese der Nationalratssondersitzung, die am Nachmittag stattfindet. Im Anschluss an die Sondersitzung ist eine Vertreterin des Finanzministeriums geladen. Sie ist im Verbindungsdienst tätig und soll unter anderem Aufklärung über die für die Opposition mühsamen Aktenlieferungen schaffen. (APA, 26.5.2021)