Inland Lobbying & Korruption

Grubmüller bei Strache-Prozess: "Österreich ist im Sumpf der ÖVP versunken"

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Seine FPÖ-Spende im Jahr 2016 habe er vergessen, räumte der Klinikbetreiber ein. Die Abgeordnete Dagmar Belakowitsch nannte einen eigenen FPÖ-Antrag "politisch sinnlos"


Am Donnerstag fand im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichts der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Klinikbetreiber Walter Grubmüller statt. Grubmüller soll laut Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Strache 2017 bestochen haben, um seine Privatklinik Währing in den Privatkliniken-Fonds (Prikraf) zu reklamieren.

Strache soll im Gegenzug für eine FPÖ-Spende (10.000 Euro) und eine private Urlaubseinladung versucht haben, eine Gesetzesänderung im Sinne Grubmüllers zu erwirken. Unter Türkis-Blau kam es 2018 dann tatsächlich zu einer Prikraf-Reform, von der auch Grubmüllers Klinik profitierte.

Beide Angeklagten bestreiten die Vorwürfe und bekennen sich nicht schuldig. (Hier der erste Prozesstag sowie der zweite Prozesstag zur Nachlese.)

"Politisch sinnloser" Antrag auf Geheiß "von oben"

Zu Beginn des Verhandlungstages am Donnerstag meldete sich Grubmüllers Anwalt zu Wort. Er bestätigte, dass der Klinikbetreiber laut dessen Kontoauszug tatsächlich schon 2016 eine Spende in Höhe von 2.000 Euro an die FPÖ geleistet hatte. Als die WKStA Grubmüller am Mittwoch mit einer entsprechenden, neu aufgetauchten Liste konfrontiert hatte, hatte Grubmüller noch gesagt, er wisse von dieser Spende nichts. "Wenn, dann muss ich unter Alkoholeinfluss gestanden sei."

Als erste Zeugin wurde dann die FPÖ-Abgeordnete und frühere Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch in den Saal gerufen. Sie wurde etwa zum (fruchtlosen) parlamentarischen Initiativantrag der Oppositionspartei FPÖ im Sommer 2017 befragt, in dem es um die Erweiterung des Prikraf ging. Belakowitsch erklärte, sie habe damit inhaltlich praktisch nichts zu tun gehabt und sei froh gewesen, dass sich andere in der Partei um das juristisch sperrige Randthema kümmerten. Zwar habe sie qua Funktion als Gesundheitssprecherin den Antrag im Parlament eingebracht, formuliert habe ihn aber – der heute ebenfalls als Zeuge geladene – Fachreferent Fritz Simhandl auf Geheiß "von oben", also von der Parteispitze. Politisch sei der Antrag "sinnlos" gewesen, weil er beim nahenden Ende der Legislaturperiode im Herbst sowieso ungültig wurde und mit den anderen Parteien nicht akkordiert war. Er sei eine reine "Willenskundgebung im Wahlkampf gewesen, ohne jegliche Aussicht auf Realisierung".

"Massengeschäft" Anträge

Danach befragte die Richterin den erwähnten Gesundheitsreferenten im FPÖ-Parlamentsklub, Fritz Simhandl. Er gab an, im Februar 2017 erstmals mit dem Prikraf befasst gewesen zu sein. Parlamentarische Anträge seien für ihn ein "Massengeschäft", oft ausgehend von der Presseabteilung; von wem der Wunsch nach dem Prikraf-Initiativantrag für Juni 2017 an ihn herangetragen wurde, erinnert er sich nicht mehr. Er bestätigte, dass der Antrag "politisch sinnlos" war, jedenfalls insofern, als klar gewesen sei, dass es keine anderen Parteien gegeben hätte, die da mitstimmen würden. Als er den Antrag schrieb, habe er über die Freundschaft Straches mit Grubmüller nicht Bescheid gewusst, so Simhandl.

Für Ex-Ministerin Hartinger-Klein war Prikraf Nebenthema

Danach nahm Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein auf dem Zeugensessel Platz. Als aktuellen Beruf gab sie eingangs überraschenderweise "Studentin" an, das Fach erfuhr man aber nicht. Zu Anfang ihrer Amtszeit, erzählt sie, habe Grubmüller bei ihr einen Termin gehabt und über seine schlechte Behandlung wegen Nicht-Aufnahme in den Prikraf geklagt. Ihr Referent habe das an die zuständige Sektion weitergeleitet. Bei einem weiteren Termin habe man Grubmüllers Bruder, der zugleich sein Anwalt ist, erklärt, dass Schönheits-OPs ohnehin nicht über die Sozialversicherung abrechenbar wären, weshalb die Sinnhaftigkeit einer Aufnahme der Klinik Währing fraglich gewesen sei. Ein anderes Mal habe man Grubmüller zur Aufnahme gesagt, "dass das nichts bringt". Bei der türkis-blauen Gesundheitsreform sei der Prikraf ein Randthema gewesen, "ein Promille" des Gesamtpakets, erklärte Hartinger-Klein.

Zu Strache habe sie als Ministerin ein "kollegiales Verhältnis" gehabt. Von dessen Auftreten im Ibiza-Video sei sie dann aber enttäuscht gewesen. Unter anderem deshalb sei das Verhältnis beschädigt worden.

Ex-Kabinettchefs aus FPÖ-Team belasten Angeklagte nicht

Nach der Mittagspause kamen zwei einstige Kabinettchefs aus der Zeit der blauen Regierungsbeteiligung. Beide orteten keinen besonderen Druck von Strache in der Prikraf-Sache. Von Spenden sei im Zusammenhang mit Prikraf oder Grubmüller auch nie die Rede gewesen.

Urteil am Freitag geplant

Vorausgesetzt, das alles geht sich zeitlich aus und es kommen keine weiteren Zeugen dazu, ist der Freitag für die Schlussplädoyers reserviert – und fürs Urteil. Die Strafdrohung: sechs Monate bis fünf Jahre Haft.

DER STANDARD, gra, hat live berichtet. Der Artikel wird laufend aktualisiert. (ta, 8.7.2021)