Das Wichtigste in Kürze:

Während sich internationale Organisationen gegen Abschiebungen nach Afghanistan aussprechen, hält Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an der Praxis fest und will in Drittländer abschieben. Der "Welt" sagte Nehammer, er sehe keinen Grund, "warum Afghanen nach Österreich kommen sollten". Seinen EU-Kollegen will er in den Beratungen am Mittwoch die Einrichtung von Abschiebezentren in der Region rund um Afghanistan vorschlagen. Dafür plädierte er auch zu Mittag noch einmal bei einer Pressekonferenz in Wien.
Ein Urteil des AfGH vom Mittwoch könnte richtungsweisende Wirkung haben. Das Gericht bewertete die Abschiebung eines Schubhäftlings nach Afghanistan in einem Spruch als "derzeit nicht möglich". Das Gericht verwies dabei auf die Länderinformationen des Außenministeriums.
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sprach am Dienstag von einem "Debakel" und einem "Scherbenhaufen" des Westens in Afghanistan. Er schickt ein Krisenteam nach Kabul, das sich um die 25 Österreicher mit afghanischen Wurzeln und 20 Afghanen mit Rot-Weiß-Rot-Card kümmern soll.
In mehreren afghanischen Städten gab es am Mittwoch Berichte über Gewalt gegen Demonstrierende durch Taliban. Entzündet hatten sich die Proteste, weil Taliban versucht hatten, statt der bisherigen afghanischen Nationalflagge ihre eigene Fahne zu hissen. In Jalalabad wurden dabei mehrere Menschen getötet.
Der geflohene afghanische Präsident Ashraf Ghani ist unterdessen in den Vereinigten Arabischen Emiraten angekommen. Diese hätten ihn aus "humanitären Gründen" bei sich aufgenommen, teilte das Außenministerium in Abu Dhabi mit.
Die Initiative "Diskurs. Das Wissenschaftsnetzwerk" rund um den Menschenrechtsexperten Manfred Nowak von der Universität Wien fordert von der Regierung angesichts der Lage in Afghanistan die Einrichtung eines Resettlement-Programms für Flüchtende. Österreich solle mindestens 4.450 Menschen aus Afghanistan rasch und unbürokratisch mittels sicheren Flugtransfers aufnehmen.
Die Evakuierungsoperationen aus Afghanistan für internationale Diplomaten und Personal sowie afghanische Verbündete nehmen an Fahrt auf. Mehr als 2.200 Personen wurden bisher mit Militärmaschinen außer Landes gebracht, sagte ein Sicherheitsbeamter vor Ort der Nachrichtenagentur Reuters.
Die EU-Außenminister kamen am Dienstagnachmittag zu einem virtuellen Sondertreffen zusammen. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte danach, man werde Kontakt mit den Taliban aufnehmen müssen: "Sie haben den Krieg gewonnen." Diese Gespräche könnten auch die Evakuierung diverser Helfer und Staatsbürger erleichtern. Humanitäre Hilfen sollen weiterhin gezahlt werden, alle anderen Gelder der EU werden eingefroren. (red, 18.8.2021)

Abschiebung nach Afghanistan aus Sicht des VfGH "derzeit nicht möglich" – Anti-Taliban-Demonstranten erschossen