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Rendi-Wagner schließt Regierung mit Kickl nicht aus, Kogler: Kurz "nicht mehr amtsfähig"

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Die Grünen verlangen nach einer "untadeligen Person" statt Kurz und führten am Freitag Gespräche mit den Parlamentsfraktionen


Gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Team wird unter anderem wegen Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt – dennoch versucht die ÖVP ihn mit aller Kraft im Amt zu halten. Mittlerweile haben sich die ÖVP-Teilorganisationen, die schwarzen Landeshauptleute, die ÖVP-Regierungsmitglieder sowie der Parlamentsklub hinter den Kanzler gestellt. Die Argumentationslinie: Man wolle nach zwei gewonnenen Wahlen weiter Verantwortung übernehmen. Zudem sehe man sich neben der Bewältigung der Corona-Pandemie auch mit einer "Flüchtlingswelle" konfrontiert, sagte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Kurz sagte am Freitagabend bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz, dass die ÖVP weiter "handlungsfähig und handlungswillig" ist.

Kurz für Grüne "nicht mehr amtsfähig"

Die grüne Parteispitze hingegen hatte sich bereits am Vormittag entschieden: Sie will nicht mit Kanzler Kurz weiterregieren – und verlangt stattdessen von der ÖVP eine "untadelige Person", wie Vizekanzler Werner Kogler und Klubchefin Sigrid Maurer erklärten. Kurz sei "nicht mehr amtsfähig", was Kogler am Freitagabend noch einmal unmittelbar nach dem Statement des Bundeskanzlers bekräftigte. Ein "erschreckendes Sittenbild im Machtzentrum der ÖVP" zeigen laut Kogler die publik gewordenen Chats. Die Frage, ob die Grünen den Misstrauensantrag unterstützen werden, beantwortete Kogler nicht – zumindest nicht direkt.

SPÖ will Arbeitsübereinkommen mit Grünen, Neos und FPÖ

Tagsüber führten die Grünen Gespräche mit allen Parlamentsparteien, Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach mit Neos und FPÖ. Wie die Tageszeitung "Heute" berichtete, strebt die SPÖ währenddessen ein gemeinsames Arbeitsübereinkommen mit den Grünen, der FPÖ und den Neos an. FPÖ-Chef Herbert Kickl schloss unteressen einen Wechsel zu Türkis-Blau dezidiert aus, für die Freiheitlichen sei ein Rückzug von Kanzler Kurz "unumgänglich".

Um das zu verhindern, rückten später am selben Tag noch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und der türkise Klubchef August Wöginger aus. Sie warnten vor einer Konzentrationsregierung und einem Experiment aus "Rot-Grün-Neos mit Unterstützung von Herbert Kickl (FPÖ)". Eine ÖVP-Beteiligung in der Bundesregierung werde es "ausschließlich mit Sebastian Kurz an der Spitze geben", hieß es seitens der ÖVP-Regierungsmitglieder. Dennoch gab es Gerüchte, dass Kurz ersetzt werden könnte – etwa durch Edtstadler oder Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger.

Laut Van der Bellen vielleicht Regierungskrise, "aber sicher keine Staatskrise"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen wandte sich dann am Freitagabend in einer Rede an die Bevölkerung. "Als Bundespräsident habe ich in so einer Situation keine Ratschläge zu erteilen", sagte Van der Bellen zu Beginn zur aktuellen Lage. Er appellierte aber dennoch an die handelnden Personen, zuerst an das Wohl Österreichs zu denken und nicht an Parteiinteressen. Österreich könne sich nun keine Egoismen leisten. Trotz der schwierigen Situation versicherte er: Die derzeitige Krise sei vielleicht eine Regierungskrise, "aber sicher keine Staatskrise".

Nationalratssitzung am Dienstag

Für Dienstag ist jedenfalls eine Sondersitzung des Nationalrats zu den Ermittlungen rund um Kurz und den Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Zentrale und im Kanzleramt geplant. SPÖ, FPÖ und Neos wollen dort zumindest Kurz das Misstrauen aussprechen. Es liege nun an den Grünen, hier klar Position zu beziehen, sie hätten einen Regierungswechsel in der Hand. DER STANDARD berichtet live über alle Updates. (red, 8.10.2021)