Es ist wieder U-Ausschuss – und traditionell beginnt das Gremium seine Untersuchung mit hochkarätigen Auskunftspersonen. Dieses Mal eröffnete gar der Kanzler selbst den Befragungsreigen. Er war für Mittwoch, zehn Uhr, geladen. Nach ihm kam der Investor und Unternehmer Alexander Schütz, er wird gerade befragt.

Schütz stellte schon bei seinem Eingangsstatement klar, dass er sich nicht mehr erinnern könne, was er gechattet habe oder was bei Abendeinladungen besprochen worden war. Als Vertrauensperson brachte er Anwalt Georg Eisenberg mit, der im STANDARD den Rat für Auskunftspersonen parat hatte, diese sollen möglichst wenig sagen.

Befragt wurde Schütz zu den Spenden an die ÖVP, die SPÖ-Abgeordnete Katharina Kucharowits legte dazu eine E-Mail vor. Darin schrieb Schütz an Sebastian Kurz und andere, man solle sich "bez. Unterstützung bei diversen vorhaben (wienwahl etc.)" bei Bedarf melden. Der Investor gab aber an, viele Parteien und Politikerinnen und Politiker zu unterstützen, zum Beispiel Macron in Frankreich oder früher Angela Merkel in Deutschland, was er mit einem signierten Foto der einstigen Kanzlerin belegen wollte.

Mühsame Nehammer-Befragung

Die Befragung von Kanzler Nehammer hatte sich zuvor mühsam gestaltet. In seinem Eingangsstatement, das vorab verfügbar war, warb Nehammer um "Wertschätzung". Angesichts von Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie sollte man "mehr Bedacht darauf nehmen", wie miteinander umgegangen werde, ließ Nehammer wissen. In diese Kerbe schlug auch ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger.

Nina Tomaselli von den Grünen betonte, dass Nehammer bislang nicht in Chats auftauche. Sie sprach ihm ihren Respekt dafür aus, dass er trotz der angespannten Lage als Auskunftsperson erscheine. Prinzipiell gehe es ihr im U-Ausschuss um eine "Spezialbehandlung für Superreiche" in ÖVP-geführten Ministerien.

Für FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker komme Nehammer aus dem Bereich, in dem die FPÖ die "Wurzel allen Übels" sehe: aus dem ÖAAB. Dort sei Nehammer einst Generalsekretär gewesen, hierzu will Hafenecker auch fragen. Die Neos hätten Nehammer lieber später geladen, betonte deren Fraktionsführerin Stephanie Krisper – sie wollen das System des Machtmissbrauchs durchleuchten. Die SPÖ ortete einen "tiefen Korruptionssumpf".

Bevor sich der Ausschuss in medias res stürzte, gab es schon heftige Aufregung: Denn Wolfgang Sobotka hatte das Tonsystem so einrichten lassen, dass er Mikrofone der Abgeordneten an- und abschalten konnte. Das überraschte alle Parteien, es gab heftige Proteste von Opposition und Grünen.

Es wird debattiert

Die erste Befragungsrunde löste dann weitere intensive Geschäftsordnungsdebatten aus. So wollte die SPÖ von Nehammer wissen, inwiefern er sich in seiner Zeit als Kanzler über die Causa Siegfried Wolf informieren ließ. Diese Frage wollte Ausschussvorsitzender Sobotka nicht zulassen, da er sie außerhalb des Untersuchungszeitraums sah: Der umfasst die Zeit bis zum Rücktritt von Sebastian Kurz als Kanzler, also bis zum 11. Oktober 2021; die Causa Wolf wurde jedoch erst im Dezember 2021 publik. Allerdings gibt es die Regel, dass sogenannte "Nachwirkungen" doch wieder in den Ausschusszeitraum fallen. Deshalb ließ Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl die Frage zuerst zu. Dann beeinflusste ihn offenbar Sobotka, dann gab es eine Stehung – und doch wieder die Zulassung der Fragen.

Die Antwort war aber wenig konkret: Es könne sein, dass Finanzminister Magnus Brunner mit ihm darüber gesprochen habe, erklärte Nehammer.

Der eigenen Partei hatte der Kanzler zuvor versichert, dass es in seiner Zeit als Innenminister zu korrekt durchgeführten Postenbesetzungen im neuen Verfassungsschutz DSN gekommen war.

Auch zur Umfragenaffäre wollte die SPÖ einiges von Nehammer wissen – und auch hier wurden die Fragen großteils blockiert. Konkret vermutet die SPÖ einen Deal mit einer Werbeagentur, die im Gegenzug für öffentliche Aufträge der ÖVP Rabatte gewährt haben soll. Hinweise sieht SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer in der zeitlichen Überlappung zwischen Ministeriums- und ÖVP-Aufträgen. Nehammer war damals Generalsekretär der Volkspartei. Die Frage soll aber nicht zugelassen werden, da es im U-Ausschuss um den Vollzug des Bundes und keine Interna von Parteien ginge.

Spender Schütz

Nach Nehammer soll der Unternehmer und Investor Alexander Schütz befragt werden. Er spendete einst den Neos, später der ÖVP. Seine Ehefrau Eva Schütz wurde Kollegin von Thomas Schmid im Kabinett des Finanzministers. Später gründete sie exxpress.at, ein ÖVP-nahes Online-Boulevardmedium.

Schütz taucht in zahlreichen Affären auf. Der Gründer des Investmentfonds C-Quadrat hatte unter Türkis-Blau viele Termine mit der damaligen FPÖ-Spitze; bei ihm fanden auch Dinner mit hochrangigen Persönlichkeiten aus der türkis-blauen Politik und der Wirtschaft statt. Schütz ist mit dem Oligarchen Dmitry Firtasch bekannt, der seit Jahren in Wien gegen seine Auslieferung an die USA kämpft. Firtasch wohnt in einem Haus, das Schütz gehört. Außerdem ist oder war Schütz gut mit dem langjährigen Wirecard-Chef Markus Braun befreundet. Er riet Braun, die "Financial Times" "fertigzumachen", nachdem die Zeitung über Malversationen bei Wirecard berichtet hatte. Später zog sich Schütz deshalb aus dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank zurück.

DER STANDARD berichtet live. (red, 2.3.2022)

Investor Schütz wird zu Spenden an und Empfängen mit ÖVP-Politikern befragt