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Karl Nehammer mit 100 Prozent der Stimmen zum ÖVP-Obmann gewählt

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Bundeskanzler Karl Nehammer wurde am Samstag einstimmig zum ÖVP-Obmann gewählt. Sein Vorgänger Sebastian Kurz war ebenfalls für einen Moment auf der Bühne, er bekam bei seiner ersten Wahl 98,7 Prozent


Wien – Schlechte Umfrageergebnisse, Personaldiskussionen und eine Parteifinanzenaffäre im Westen: Es sind turbulente Zeiten für die ÖVP, in denen sich Bundeskanzler Karl Nehammer offiziell zum Obmann wählen lässt. Bei einem außerordentlichen Bundesparteitag in Graz stellte sich Nehammer am Samstagnachmittag der Wahl – und erzielte ein Ergebnis von 100 Prozent.

In seiner Rede streifte der Kanzler zuvor eine breite Themenpalette – von Arbeit und Wirtschaft über Lebensmittel- und Versorgungssicherheit, über Pflege und Lehre bis hin zu Krieg und der Pandemie. Auch das Thema Korruption sprach er an, er sagte in dem Zusammenhang, man wolle ein Informationsfreiheitsgesetz, das dürfe aber nicht zu einer Verwaltungsüberlastung führen. Von "den Linken" grenzte Nehammer, dem kürzlich fast schon sozialdemokratische Züge nachgesagt wurden, sich klar ab. Dafür kaperte er den Begriff der "Freiheit" und positionierte sich mehrfach gegen "irreguläre Migration". Zwischendurch durchaus leidenschaftlich stellte er den Führungsanspruch für das Land und die Partei.

Schon bei der Eröffnung des Parteitages wurde Nehammer mit stehenden Ovationen begrüßt. Er präsentierte sich gut gelaunt: "So viele in so einem kleinen Raum heißt auch, so viele Viren, aber jetzt kümmert es uns nicht mehr – schön, dass ihr da seid!", rief er der Menge zu.

Zum Schluss, knapp eineinhalb Stunden nach dem eigentlichen Zeitplan, wurde Nehammer mit 100 Prozent der Stimmen zum Parteiobmann gewählt. 524 Stimmen wurden abgegeben, 524 sind gültig, auf Nehammer kamen 524 Stimmen. Zum Vergleich: Sebastian Kurz bekam 2017 98,7 Prozent, 2021 übertraf er sich mit 99,4 Prozent noch einmal selbst. Reinhold Mitterlehner bekam 2014 99,1 Prozent, das war damals der beste Wert seit 30 Jahren.

Mitterlehner nicht dabei

Wenige Stunden zuvor wurde Nehammers Vorgänger Sebastian Kurz auf der Bühne vom Moderator interviewt. Sein Auftritt am Parteitag hat im Vorfeld für viel Aufsehen gesorgt. Ein politisches Comeback schloss er zuletzt freilich "für immer" aus. Gegen Kurz wird unter anderem in der Inseratenaffäre ermittelt. Das Interview war dann aber relativ kurz und schmerzlos: Kurz blickte auf seine politische Karriere zurück, berichtete von Geschäftsreisen mit der Familie und sagte Nehammer, er solle so blieben wie er ist.

Nicht anwesend war Ex-Ex-Obmann Reinhold Mitterlehner. Aus der Partei hieß es, dass wie üblich alle ehemaligen Parteiobmänner eingeladen wurden. Angesagt haben sich auch Josef Pröll, Wilhelm Molterer, Wolfgang Schüssel und Josef Riegler. Mitterlehner teilte medial ohne Angabe von Gründen mit, nicht nach Graz zu kommen – es darf aber davon ausgegangen werden, dass dies durchaus mit dem schlechten Verhältnis zu Kurz zu tun hat.

Eine enge Kurz-Vertraute hatte die Parteitagsregie diese Woche noch so richtig ins Wanken gebracht: Elisabeth Köstinger trat am Montag als Landwirtschaftsministerin zurück und überraschte mit diesem Zeitpunkt nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch den eigenen Parteichef. Am selben Tag musste sich auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck verabschieden. Nehammer war also wenige Tage vor seiner Obmannwahl gezwungen, eiligst Personallöcher zu stopfen, statt seine Rede einzuüben. (red, APA, 14.5.2022)